Donauwellenpop: Diese Bands werden durchstarten!
"Alle up!“ – was für ein geiler Song! Gerappt und gesungen, extralässiger Deutsch-Englisch-Mix, es geht um Themen, die uns direkt betreffen, Selbst-Optimierung, Selbst-Darstellung, Overwork, Overdrive. „Du zahlst dein ganzes Leben für eine Garantie – du bist so busy being free.“ Und alles löst sich auf in einem Refrain, den man einfach mitsingen MUSS. Das Video dazu zeigt ein Dream-Team aus einem Sänger mit lackierten Fingernägeln und einer MC mit keckem Damenflaum. Genderfluid oder nichtbinär, egal Baby, so geht Pop heute, großartig!
Der junge Herr behauptet zwar, dass er aus einem verträumten slowakischen Nest namens Uhliska kommt, wir glauben aber, dass er und sein Partner, die gemeinsam die Band „Mickey“ bilden, schon mit der österreichischen Formation GinGa Erfolge feierten. Die junge Dame heißt Kathrin Kolleritsch, nennt sich aber Kerosin95, und ist tatsächlich das heißeste musikalische Eisen, das man derzeit finden kann. Dass sie nicht nur rappen, sondern auch fantastisch singen kann, zeigt sie aktuell in der österreichischen Super-Group „My Bloody Clementine“, wo sie ganz nebenbei auch Schlagzeug spielt. Und singt.
Hab ich gerade Super-Group gesagt? Ja, und allein, dass man davon sprechen kann, zeigt auch wie stark die heimische Musikszene sich inzwischen präsentiert. Hier spielen Mira Lou Kovacs (5K HD, Schmieds Puls), Sophie Lindinger von der international erfolgreichen Band Leyya, die Gitarristin Nastasja Ronck – das sind schon ordentliche Kaliber. Die dementsprechend auch bei unseren deutschen Nachbarn Interesse geweckt haben.
Neue Wege, neue Chancen
„Die Szene ist viel mehr in Bewegung als früher, da werden Netzwerke besonders wichtig“, sagt Christof Straub, Musiker und Label-Chef, der gerade erst mit seiner Plattform „Global Rockstar“ für Aufsehen sorgte. Prinzipiell seien die Chancen jetzt besser als früher, meint Straub auch, und er sollte es wissen, denn immerhin war seine Band Papermoon einer der wenigen rotweißroten Acts, die in den 90ern des alten Jahrhunderts international Erfolg einfahren konnten, ohne Wiener Schmäh oder sonstiges Lokalkolorit, einfach nur mit gutem Folk-Pop, dem man nicht anhörte, woher er kam.
Heute arbeitet Straub mit Künstlern, die gerade erst dabei sind, sich ihre ersten Sporen zu verdienen. Seine Firma übernimmt die Produktionskosten der Aufnahme und promotet den Song. Mit dem jungen Salzburger Chris Steger, Aaron Matthews und dem Kärntner Rian konnte Straub eben erst drei der wöchentlich fünf Neuzugänge in der Rotation auf Ö3 stellen.
Ein Riesenerfolg – mit ordentlich Umwegrentabilität. „Das ist ein Überbleibsel des alten Systems“, erklärt Christof Straub, „Erfolge in der Heimat zählen noch immer, wenn man bei ausländischen Radiostationen unterkommen will. Deshalb ist es sehr, sehr wichtig, dass österreichische Radiosender österreichische Musiker spielen.“ Ansonsten habe eine Demokratisierung im Musikbusiness stattgefunden. Ob man als Österreicher international Erfolg hatte, hing früher ja nicht unwesentlich von den großen Plattenfirmen ab. „Die mussten ja erst einmal sagen: Okay, wir veröffentlichen das auch in Deutschland – oder wo auch immer. Sonst ging ganz einfach gar nichts“, sagt Straub.
Die ganze Welt hört zu
Heute wird, zumindest online, sowieso „worldwide“ veröffentlicht, die Hörer der Streamingdienste wissen meist gar nicht, woher der Act ist, der gerade in ihren Ohrstöpseln groovt. Und auch die modernen DJs, also die Kuratoren beliebter Playlists, kümmern sich nicht unbedingt darum, woher ein Song kommt. Manche dieser Jungs haben Follower in Millionenhöhe, da zahlt es sich aus, in eine dieser Playlists aufgenommen zu werden. Christof Straub: „Je mehr Leute dich hören, desto höher wird deine Relevanz bei Spotify oder vergleichbaren Diensten.“ Und das wiederum führt dazu, dass die mächtigen Algorithmen der Streamingportale den Song in ihre Empfehlungslisten aufnehmen.
Wo früher ein paar Journalisten und Radiostationen überzeugt werden mussten, geht es heute um weltweit agierende Influencer, Playlist-Kuratoren und intelligente Computer-Programme. „Das klingt kompliziert, ist andrerseits aber sehr direkt, liefert schnelles Feedback. Du startest eine Aktion – und weißt oft noch am selben Tag, ob sie etwas gebracht hat.“ Wichtig: „Regelmäßig neue Songs veröffentlichen. Alle zwei bis drei Monate, sonst fängt das Spiel immer wieder von vorne an.“
Mickey & Kerosin95 kennen das Spiel. Ob ihr Song noch durchstartet wie weiland „Maschin“ von Bilderbuch? Vielleicht, vielleicht auch nicht. Das Zeug dazu hat er.
My Ugly Clementine
Eine neue Super-Band am österreichischen Poprock-Himmel. Mit Kerosin95, Mira Lou Kovacs, Nastasja Ronck und Sophie Lindinger. Eben ist die Debüt-CD erschienen: „Vitamin C“
www.inkmusic.com
Anna-Sophie
20 Jahre jung, Studentin aus der grünen Steiermark – und schon voll im Geschäft. Über „Global Rockstar“ nahm sie ihre ersten Songs auf, mit der Single „Bad Habits“ ist sie auf über 1.000 Playlists.
www.globalrockstar.com
EsRAP
Zwei Geschwister, eine Message: Esra und Enes Özmen mischen die Wiener Rap-Szene auf. Aber ordentlich. Mit coolen Beats – und richtig guten Texten!
www.springstoff.com
Mynth
Die Salzburger Elektronik-Geschwister sind eine Klasse für sich und jetzt schon international gefragt. Aktuell ist die Single „Ivy“, die neue CD kommt im September.
www.seayourecords.com
Noch mehr Bands und Acts, die wir im Auge behalten sollten:
Avec - Das komplette neue Album „Heaven/Hell“ ist grandios. Bester Songwriterpop seit The Beautiful South: "Home"
Klangkarussell - Die Salzburger Elektroniker haben ohnehin schon Weltruf. Zu Recht: "Ghostkeeper"
Velar Prana - Best Retro-Pop of the summer! "Turn The Lights Down"
Oehl - Unverschämt melodiöser, dabei total lässiger Pop aus Wien: "Wolken"
Laurie - Wer sagt, Österreicher können keinen Post-Grunge-Rock machen? "Everything Must Go"
Culk - Frontfrau Sophie Löw hat die beste Stimme im aktuellen Rock-Biz. Und ihr Song "Tausend Formen" hypnotisiert.
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