Die Fächertorte als ein Stück Wiener Kulturgut

Die Fächertorte als ein Stück Wiener Kulturgut
Eine Historikerin zeigt den jüdischen Einfluss in der weltbekannten Wiener Küche.
Von Uwe Mauch

Vor zwei Jahren widmete die New York Times dem Wiederauftauchen der guten alten Fächertorte im Repertoire der k. und k. Hofzuckerbäckerei Demel am Wiener Kohlmarkt einen eigenen Bericht.

„Aus einem guten Grund“, wie die Historikerin Susanne Belovari während ihres Forschungsaufenthalts in Wien dem KURIER anvertraut. „Die Torte, die aus mehreren Lagen Apfel, Lebkuchen, Nuss- und Mohnfüllungen besteht, ist für mich ein weiterer Beleg dafür, dass die Wiener Küche eindeutig als gemeinsames kulinarisches Erbe der Wiener Juden und Nicht-Juden zu betrachten ist.“

„Fladentorte“ nannten sie die deutschsprachigen Juden in den Kronländern der Monarchie, „Fächertorte“ alle anderen. Zwanzig Jahre lang hat Belovari mit akribischen Recherchen die Steinchen eines bisher nicht beachteten kulinarischen Mosaiks zusammengesucht und miteinander vereint. Für ihre These und ihren langen Atem wurde die gebürtige Wienerin mit dem renommierten Oxford Symposium Sophie Coe Prize für kulinarische Geschichte ausgezeichnet.

Das zentrale Ergebnis ihrer Forschungen fasst die Historikerin so zusammen: „Die Wiener Küche wurde seit dem späten 18. Jahrhundert durch das alltägliche Miteinander und die kulinarischen Leistungen von Wiener Juden und Nicht-Juden geschaffen. Das Wissen darüber wurde jedoch durch die Machtergreifung der Nationalsozialisten im März 1938 und die dann folgende Vertreibung und Ermordung der Wiener Juden im Holocaust ausgelöscht.“

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