50 Prozent weniger CO2
Auf den Hinweis, dass die Rizinus-Bohne kein Garant für ein nachhaltiges Schuhwerk ist, erklärt Caspar Coppetti: „Da die Bohne in sehr trockenen, kargen, wüstenartigen Regionen wächst, in denen sonst fast nichts überleben kann, nimmt ihr Anbau den Landwirten kein Land weg. Im Gegenteil: Sie schafft neue Optionen. Sie ist sehr resistent, wächst schnell nach und benötigt wenig Wasser.“
An einer allumfassenden Ökobilanz für den Laufschuh aus der Bohne wird noch gefeilt. Heute schon führt Caspar Coppetti ins Treffen: „Wir haben eine vollständige Lebenszyklusanalyse erstellt. Sie zeigt, dass der Cyclon 50 Prozent weniger CO2 verursacht und 30 Prozent weniger Energie verbraucht als bisher produzierte Schuhe unseres Unternehmens.“
Als nachhaltig darf auch ein Laufschuh nur bezeichnet werden, wenn die Bezahlung der Arbeitskräfte fair ist. On lässt den „Cyclon“ in einer Fabrik in Vietnam produzieren. Laut einer Nachhaltigkeitsanalyse der deutschen Stiftung Warentest gingen etliche Hersteller von Laufschuhen ausgerechnet nach Vietnam, weil ihnen die Löhne in China schon zu hoch waren.
Made in Vietnam
Der Schweizer kennt diese Studie natürlich. Er betont, dass sich alle Vertragspartner verpflichtet haben, die Vorgaben seines Unternehmens einzuhalten. Diese würden auch die Standards der ILO (Arbeitsorganisation der UNO; Anm.) beinhalten. „Sie werden jährlich von unabhängigen Auditoren überprüft.“
Alle Standards in Vietnam würden transparent auf der Website abgebildet. Mittelfristig würde er gerne in Europa produzieren lassen. Sein Traum wäre sogar: „Made in Switzerland“.
Was Konsumenten auch wissen sollten: Der „Cyclon“ kommt nicht ausschließlich aus der Bohne, sondern zum Teil aus Erdöl. Das könne ein vergleichsweise kleiner Sportartikelhersteller auch nicht alleine ändern, beteuert On-Mann Coppetti. „Im Moment gibt es für die Performance des Laufschuhs nichts Gleichwertiges. Aber wir arbeiten daran, den Anteil der Bohne weiter zu erhöhen.“
Konsumentenschützer kritisieren zudem den hohen Abo-Preis: „Wenn Läufer ihre Schuhe nach neun Monaten tauschen, haben sie bis dahin schon 180 Euro bezahlt.“ Dem entgegnet der Anbieter: „Der Cyclon ist ein Performance-Laufschuh. Daher ist der Preis fair.“ Er sei auch Teil eines Experiments: „Gemeinsam mit unseren Kunden möchten wir zeigen, dass Zirkularität heute schon möglich ist.“
Kritische Masse
Wer den Schuh haben will, muss bereits jetzt die erste Abo-Rate überweisen. Das wirkt wie Crowdinvesting durch die Hintertür. Auch drängt sich die Frage auf, was passiert, wenn aus dem Projekt doch nichts werden sollte. Caspar Coppetti beruhigt: „Entscheidet sich ein Konsument vor dem Launch, das Abo abzubestellen, erhält er sein Geld in vollem Umfang zurück. Es geht uns nicht um eine Risikominimierung, sondern um eine Bedarfserhebung bei einem innovativen Projekt, das das Produktionssystem der gesamten Branche langfristig verändern will.“
Sein Unternehmen wirbt damit, dass der neue Schuh erst in einer Region ausgeliefert wird, wenn eine kritische Masse erreicht ist. Daher möge man Freunden und Familie vom Schuh erzählen. Das erweckt den Anschein eines Schneeballsystems ohne Provision, meinen Kritiker.
Auch das sieht Caspar Coppetti naturgemäß anders: „Da wir beim Cyclon auch die komplette Rücknahmelogistik organisieren, fokussieren wir zuerst auf Regionen, in denen wir die höchste Nachfrage generieren, um das System effizient und den ökologischen Fußabdruck möglichst gering zu halten. So stellen wir sicher, dass lange Distanzen nur dann zurückgelegt werden, wenn die kritische Masse erreicht ist.“
Zur Kritik, dass der nachhaltige Laufschuh mit herkömmlichen Paketzustellern geliefert wird, meint der On-Chef: „Der Transport macht nur etwa drei bis vier Prozent des gesamten Fußabdruckes aus“. Den Start des „Cyclon“ stellt er jedenfalls für Herbst 2021 in Aussicht.
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