„Dass es für diese Menschen derzeit keine Möglichkeit für physische Nähe gibt, ist natürlich schwierig“, sagt Sabrina Limbeck von der Trennungsambulanz. Die Paarberaterin erhält aktuell vermehrt Anfragen von Frauen und Männern, die mit Trennungsgedanken spielen. „Sehnsucht ist jetzt ein großes Thema. Und nicht zu vergessen: Wenn der Sex wegfällt, bleibt bei vielen nicht mehr viel übrig, das verbindet.“
Nichts überstürzen
Die nicht stattfindenden Intimitäten sind laut der Expertin jedoch auch eine Chance, die Verbindung genauer zu analysieren. Limbeck: „Ohne Körperlichkeiten denkt man viel klarer. Der Blick auf die Beziehung ist weniger vernebelt.“ Kurz: Viele dürften jetzt realisieren, dass der andere vielleicht doch nicht der erhoffte Deckel zum Topf ist.
Wenn in der Ferne die Entscheidung fällt, dass eine Trennung fällig ist, rät die Wienerin, dennoch nicht sofort zu handeln. „Es gibt Typen von Menschen, die sich mit der Isolation besonders schwertun, während andere diese Zeit jetzt sogar als entspannend empfinden. Erstere verharren oft in Gedanken darüber, wie katastrophal sie die Situation empfinden, und schlagen gedanklich förmlich um sich. Da kommen dann viele schnell zu dem pauschalen Schluss, dass doch eh alles keinen Sinn hat.“
Bevor stark emotional getriebene Personen in der derzeitigen Situation eine falsche Entscheidung treffen, empfiehlt Limbeck, die eigenen Gedanken erst einmal niederzuschreiben: „Es hilft dabei, das Chaos im Kopf zu ordnen. Vieles relativiert sich dadurch von alleine.“
Worte gut wählen
Wer dann Schluss machen will, muss angesichts des aktuellen Ausnahmezustands laut der Beraterin kein schlechtes Gewissen haben, dies per Telefon zu machen. „Das ist eine Regel aus der Vergangenheit, die sich gerade ändert“, weiß Limbeck. „Darf man das? Ja, man darf! Niemand ist ein schlechter Mensch, nur weil er sich per Telefon trennt.“
Ob per Videotelefonie oder nicht, sei jedem selbst überlassen. Viel wichtiger ist die Art, wie die Entscheidung dem Verlassenen kommuniziert wird. „Steht der Entschluss fest, macht es keinen Sinn, Kleinigkeiten mit dem anderen auszudiskutieren. Wer wann die Socken irgendwo liegen gelassen hat, ist vollkommen unwichtig.“ Selbst wenn Unverzeihliches vorgefallen ist, sind Anschuldigungen nicht angebracht.
„Wichtig ist, dass die Trennung respektvoll abläuft – und jener, der die Trennung ausspricht, seine Bedürfnisse formuliert“, so Sabrina Limbeck. „Es sollte in Ich-Botschaften gesprochen werden. Der andere wird sich danach sowieso schlecht genug fühlen. Es nützt nichts, ihn zum Abschluss noch mit Beschuldigungen zu bombardieren.“
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