Fünf nicht ganz ernst gemeinte Tipps fürs Homeoffice
Ach, du arbeitest daheim? Das wurde ich von vielen Menschen gefragt, meist verbunden mit der Frage: „Cool. Und wie ist das so?“ Ich konnte in ihrem Blick erkennen, dass sie mich wie ein seltenes Insekt betrachteten: Schaut nett aus, ist aber echt nicht wichtig. Wo man doch als Homeofficer nicht mehr von Meeting zu Meeting hetzt und geschäftig durch Großraumbüros taumelt, immer mit diesem „Pfuh, so viel Stress“ auf den Lippen. Dahinter spürte ich oft noch etwas, nämlich Neid. Das Gros jener, die täglich morgens zu ihrem Arbeitsplatz aufbrechen müssen, hat nämlich eine sehr sozialromantische Vorstellung vom Menschen, die daheim arbeiten: Das sind doch die, die – ähnlich wie Carrie Bradshaw in Sex and the City – immer perfekt geschminkt, gestylt und in Designerfetzen gekleidet bäuchlings auf einem Boxspringbett liegen und irgendwas Lässiges in den Computer tippen, oder? Und auf Männer bezogen: Das sind doch die, die morgens erst eine Runde joggen, danach eine Runde mit den Hanteln arbeiten, sich gemütlich duschen, den Bart trimmen und zwei Stunden lang entspannt in Videokonferenzen herumhängen, um am Nachmittag im Fitnesscenter zu verschwinden, oder? Das ist natürlich gar nicht so. Daher: Willkommen im Leben, willkommen in der Realität – hier meine subjektiv-ultimativen Tipps für alle neuen Heimchen.
1. Wachen Sie morgens auf – oder tun Sie zumindest so, als ob
Der ungeübte Heimwerker neigt instinktiv dazu, aus jedem Tag einen Sonntag zu machen. Man wacht auf, denkt sich „wurscht“, dreht sich um, auf einmal ist es neun. Oder halb zehn. Vielleicht sogar zehn. Wer dazu neigt, sollte sich für fünf vor neun den Wecker stellen, und stets Handy samt Brille griffbereit halten. Warum? Ganz einfach: Weil man im warmen Bett wunderbar Emails abarbeiten kann und telefonieren. Was man aber niemandem verraten darf – weil der Satz „Du, ich lieg noch im Bett, bin aber ganz Ohr“ auf Büromenschen höchst verstörend wirkt, mitunter sogar abstoßend. Am besten also, man lässt im Hintergrund eine passende Geräuschkulisse laufen, die dem anderen am Telefon signalisiert: Ich bin seit Stunden von Termin zu Termin unterwegs, irrer Stress, totaler Wahnsinn - mir geht es wie dir!
2. Tun Sie außerdem so als hätten Sie viel zu tun, auch wenn Sie nicht so viel zu tun haben
Warum? Ganz einfach: Weil Sie dann von Ihrer Frau, Ihrem Mann und von Ihrem Kind in Ruhe gelassen werden. Homeofficer werden nämlich gerne eingeteilt: „Du bist ja daheim, könntest du schnell mal Bio-Brokkoli am Bauernmarkt kaufen gehen?“, „Könntest du die Kleine beim Landhockey vorbeischupfen?“, „Würdest du bitte so nett sein, und die Hortensien gießen?“ Das alles will man nicht – zumal es doch gerade so gemütlich auf der Couch ist.
3. Achten Sie darauf, dass Sie sich morgens im Spiegel noch erkennen
Einen der lustigsten Tweets zum Thema „Homeoffice“, den ich je las, ging so: „Drei Tage nicht duschen, Ravioli essen, gute Musik und immer leicht einen sitzen: Andere gehen dafür auf Festivals, ich mache Homeoffice.“ Ja, das hat was. Alle Homeofficer, die ich kenne, berichten Ähnliches: Sie neigen dazu, noch im Pyjama erste Arbeiten zu erledigen – und mitunter auch letzte. Irgendwann sitzt man im Flanell-Outfit immer noch da und summt: Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät? Die Gefahr, dass Pyjama oder Jogginghose zur Arbeitsuniform werden, ist also sehr groß. Ich kenne tatsächlich Leute, die sich dann doch noch schnell umziehen, damit der Partner, der heimkommt, nicht merkt, was da den ganzen Tag abgeht. Aber sonst? Gibt ja niemanden zu beeindrucken! Also verzichtet man auf Styling, Schminken, Frisieren, Augenbrauen zupfen oder Nägel lackieren. Eines Tages steht man im Bad und fragt sich, wer dieses unrasiertunfrisiertungeschminktblasse Wesen ist, das einem da müde entgegenlächelt: Ich, mein eigener Chef.
4. Tun Sie nicht so, als hätten Sie was getan - seien Sie lieber authentisch faul
Ein beliebter Steh-Satz von Homeofficern ist: „Jetzt aber.“ Oder: „So, gemmas an.“ Auch: „Pack mas.“ In die Gänge zu kommen, ist manchmal schwierig – zumal Prokrastinieren was Wunderbares sein kann. Ehrlichkeit hilft da: Wer mittags draufkommt, dass er vormittags erst Betten gemacht, dann Kissen arrangiert, nur kurz im Garten nach dem Rechen gesehen, im Ikea-Katalog geblättert, im neuen Kochbuch geschmökert, ins neue Album von der Lieblingsgruppe reingehört, aber sonst genau nichts gemacht hat: Er möge bitte einfach ehrlich zu sich selbst sein und kein schlechtes Gewissen mit sich herumschleppen. Denn es ist das Privileg des Homeofficers, sich’s einzuteilen. Was auch ein bisserl gelogen ist – denn irgendwann muss ja die Arbeit gemacht werden. Dann halt später. Schließlich schaut es beeindruckend aus, wenn der Partner/die Partnerin von der Arbeit heimkommt und man sitzt keuchend vor seiner Arbeit, um zu sagen: „Hab noch zu tun. Heute wird’s spät.“
5. Hören Sie auf, sich mit Zuckerln zu belohnen
Wirklich brisant ist die Sache mit dem Snacken. Homeofficer neigen dazu, sich permanent mit einem Griff in die Naschlade zu belohnen. Zwei Sachen erledigt – vier Kekse. Ein wichtiges Telefonat geführt – fünf Chips. Die Steuer gemacht – eine Packung Zuckerln gelutscht. Wo es noch dazu wurscht ist, weil die Jogginghose äußerst situationselastisch ist, was das Hüftgold betrifft. Ich kenne tastsächlich einen Homeofficer, der deshalb – prokrastinierend – eine Excel-Tabelle angelegt hat, in die er alles notiert, was er untertags so in sich hineingestopft. So weit muss es echt nicht kommen. Wenn doch - dann tragen Sie sich unbedingt ein: Wein oder Bier erst nach Dienstschluss.
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