Heiliger Virus!
Als Kind einer gläubigen katholischen Familie („Ja, das gibt es noch“) habe sie sich selbst öfters gewundert, „warum mich die Heiligen in der Kirche so komisch anschauten und immer ganz fromm die Hände gefaltet hatten“.
Zudem wollte Spitzer bisher eher unbekannte Heilig- und Seliggesprochene vor den Vorhang holen bzw. neue Aspekte von bekannten Persönlichkeiten der katholischen Kirche herausarbeiten. Manchen Promi der Katholiken wird man daher vergeblich in ihrem Glossar suchen.
Nicht fehlen darf in einem Buch, das in der Pandemie erscheint, die heilige Corona. Sie wurde erst durch das Virus einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, obwohl sie schon vor 18 Jahrhunderten als Schutzpatronin gegen Seuchen auserkoren wurde und heute nebenbei Schatzgräbern, Glücksspielern und Geschäftsleuten moralische Unterstützung bieten soll.
Mehr Ehrfurcht zeigt die Buchautorin vor Heiligen, die für ihren Glauben oder für andere Menschen ihr Leben riskiert, oft auch verloren haben. Sie nennt als Beispiel Nicholas Owen, den Patron der Zauberkünstler, dessen schier magischer Fähigkeiten stets am 22. März gedacht wird: „Er hat im elisabethinischen England dank seines handwerklichen Geschicks und seiner geringen Körpergröße Verstecke in Wohnungen für Hunderte Katholiken gebaut.“
Zu den Heiligen zurück kam Bernadette Spitzer, als sie einen Radiobeitrag über den Wiener Pater Anton Maria Schwarz gestaltete: „Da wurde mir klar, dass Heilige auch nur Menschen sind.“
Resolute Restituta
In ihr Buch aufgenommen hat sie auch die Ordens- und Krankenschwester Maria Restituta Kafka. Im Volksmund wurde sie Resoluta genannt – wegen ihres Temperaments. Nach einem kräfteraubenden Tag als OP-Schwester im Krankenhaus Mödling bestellte sie im Wirtshaus ein Gulasch und ein Bier.
Papst Johannes Paul II. hat Restituta anno 1998 seliggesprochen, weil sie sich mit dem NS-Regime angelegt hatte und deshalb – als einzige Ordensfrau Österreichs – im Landesgericht Wien hingerichtet wurde.
Die Biografin hat sich bemüht, leicht verständlich zu schreiben: „Ich wollte keine salbungsvollen Heiligenviten verfassen, ich wollte zeigen, dass das ganz normale und doch ganz außergewöhnliche Menschen waren.“ Auf die Frage, was sie bei der Beschäftigung mit dem Thema am meisten begeistert hat, gerät Bernadette Spitzer fast ins Schwärmen: „Ich mag meine Heiligen.“ Sie alle würden ihr zeigen, „dass das Leben immer weitergeht, auch dann, wenn man am Boden liegt. Manche haben Unfassbares mitmachen müssen.“
Patron für Fußballer
Einige kamen unverhofft zu ihrem Status, etwa der Wohltäter Luigi Scrosoppi, der von einer eigens eingerichteten Heiligsprechungskommission im Jahr 2010 zum Patron der Fußballer ernannt wurde. Der Tag für den Udineser, der sich in der Kinderwohlfahrt engagiert hat, selbst aber nie Fußball gespielt hat, ist der 3. April. Den De-facto-Heiligen Maradona, Messi und Co. kann er nicht ganz das Wasser reichen, die Fußballwelt hat bisher jedenfalls kaum von ihm Notiz genommen.
Bernadette Spitzer geizt in ihrem Buch nicht mit Kuriosem: So fand sie in einer Kirche in Vancouver ein Bild der resoluten Restituta aus Wien – eindeutig mit einem Bierkrug in der Hand. Auch als ein Prost auf das Leben!
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