Wer angeblich eine Versicherung von über 100 Millionen Dollar auf seine Hände abgeschlossen hat, kann nur so etwas ähnliches wie der James Bond unter den Virtuosen sein. Auch sonst ist er ein Guter. Er motivierte zum Beispiel 40 Millionen Kinder in China zum Klavierspielen. Wie Lang Lang im Konzerthaus Johann Sebastian Bachs „Goldberg-Variationen“ interpretieren wird, schneller oder langsamer als Glenn Gould, wird mit Spannung erwartet.
Auch sonst sorgt der Superstar immer wieder für musikalische Überraschungen. Obwohl er bereits im Alter von zwei Jahren zum ersten Mal Klavierunterricht bekam und mit fünf Jahren sein erstes Konzert gab, entwickelt der Pianist immer neue Techniken, um zu üben. Und manchmal spielt er sogar vierhändig. Mit sich selbst. Auf einem Klavier, das er sogar mitentwickelt hat.
freizeit: Herr Lang, wie ist es Ihnen gelungen, nach der strengen Musikausbildung, die vor allem präzise Technik lehrte und harte Disziplin erforderte, so viel Emotion in Ihre Konzerte zu bringen?
Lang Lang: Klavierspielen war für mich immer schon ein Wohlfühlort. Immer wenn ich als Kind harte Zeiten durchleben musste, war Musik meine Rettung. Meine erste Klavierlehrerin, Ms. Zhu, war eine wunderbare empathische Frau. Sie lehrte mich so viel über die Schönheit und die tiefen Gefühle in der Musik, nicht nur die technischen Aspekte. Ich glaube, dass sie es war, die damals die Samen für den Musiker säte, der ich heute bin.
Da stellt sich gleich die Frage nach Ihrem weltweiten Erfolg. „Für Elise“ wurde in den ersten vier Monaten nach Erscheinen 5,1 Millionen Mal bei Spotify gestreamt. Wie oft haben Sie die Sonate selbst gespielt?
Sehr oft! Es war eines meiner Lieblingsstücke, als ich Klavierunterricht bekam. Leider konnte ich keine Aufnahmen des Stücks mit meinen Lieblingspianisten finden, irgendwie waren sie nie daran interessiert, dieses Stück aufzunehmen. Das wollte ich ändern und gebe damit heute den Klavierschülern einen guten Grund, Klavier zu üben.
Spielen Sie deshalb auch mit so unterschiedlichen Musikern wie Metallica und den weltbesten Orchestern zusammen?
Hin und wieder liebe ich ungewöhnliche musikalische Zusammentreffen, wie etwa das mit Metallica oder auch neuerdings mit Pharrell Williams. Sie öffnen meinen Geist, geben mir neue Ideen und Inspirationen.
Sie haben kürzlich bei Steinway & Sons das Piano Black Diamond mitentwickelt. Haben Sie dabei auch Musik gehört?
Wir haben daran gearbeitet, während ich mein Album „Piano Book“ für die Deutsche Grammophon aufnahm. Dabei tauchte ich dann in Klavierstücke wie Beethovens „Für Elise“, Mozarts „Piano Sonata in C Major facile“ und Debussys „Claire de Lune“ ein.
Hat es Ihnen Spaß gemacht, das Black Diamond Piano mitzuentwerfen?
Es war schon immer ein Traum von mir, ein spezielles Instrument zu schaffen, das exzellente Tonqualität mit echtem künstlerischem Design verbindet. Das Black Diamond Piano gemeinsam mit dem inspirierenden Designer Dakota Jackson zu entwerfen, hat mir immense Freude bereitet. Das Team von Steinway hatte auch die besten Handwerker zur Verfügung, um dieses „Gesamtkunstwerk“ zu verwirklichen. Die selbstspielende Technologie, die die Musik direkt vom Instrument abspielen und mit sofortiger Interaktion und einem pausenlosen Playback wiedergeben kann, ist einzigartig.
Diese Technik des Black Diamond Spirio vermittelt ja sogar die Emotionen der Pianisten, die sie während der Aufnahme einspielten. Wie haben Sie das für sich selbst genützt?
Ich übe jeden Tag auf meinem Black Diamond. Die Spirio-r-Technologie nimmt tatsächlich die feinsten musikalischen Nuancen auf und gibt dann exakt die lautesten, weichsten und schnellsten Noten wieder. Das hilft mir enorm mich zu verbessern und mir selbst beim Spielen mit absoluter Präzision zuzuhören. Es ist für mich ein unverzichtbares Werkzeug geworden, um die Interpretation eines neuen Stücks zu verfeinern.
Haben Sie die Technologie auch dafür verwendet, um mit sich selbst vierhändig zu spielen?
Ja wirklich, manchmal mache ich das! Aber kürzlich spielte ich am Black Diamond sogar mit dem brillanten RennfahrerLewis Hamilton zusammen. Er ist ein leidenschaftlicher Klavierspieler und ich kann nur bestätigen, dass er auch wirklich Talent hat! Wir spielten gemeinsam Beethovens Mondscheinsonate und danach ein paar Stücke von Adele.
Was fasziniert Sie aber an Bach, der heuer auf dem Programm steht?
Ich spiele, wie gesagt, dank Ms. Zhu, seit meiner Kindheit Bach. Sie ließ mich schon in den 1980er-Jahren eine Menge Bach spielen, in einer Zeit, als Bach in China weit davon entfernt war, populär zu sein.
Und warum gerade die Goldberg-Variationen?
Das erste Mal war ich von den Goldberg-Variationen fasziniert, als ich die Partituren sah und mir dann die Aufnahmen von Glenn Gould dazu anhörte. Bei meinem Auftritt in den USA beim Ravinia Festival, spielte ich das Tschaikowsky Konzert. Danach spielte ich, mitten in der Nacht, alle Goldberg-Variationen für den Dirigenten Christoph Eschenbach. Seither habe ich den Titel des Stückes nie wieder vergessen. Vor zwei Jahren habe ich dann beschlossen, meine eigene Vision von diesem Stück zu zeigen und mich auf diese Arbeit konzentriert. Ich habe mir eine Menge Interpretationen angehört und dann meine Ideen mit meinem musikalischen Freund, dem wunderbaren Pianisten und Hammerflügel-Spezialisten Andreas Staier, ausgetauscht. Es war faszinierend, seinen Blick auf das Stück zu bekommen. Denn er hat einen völlig anderen methodischen Background, der meine Sicht auf diese Musik wesentlich bereichert hat.
Und was verbinden Sie mit Beethoven?
Ich glaube, dass Beethoven einen eigenen Platz im Herzen jedes Pianisten hat. Ich bin damit aufgewachsen, mir seine späten Sonaten, gespielt von Wilhelm Kempff, auf Kassetten anzuhören. Seitdem habe ich eine sehr enge Verbindung zu seiner Musik.
Wien ist eine der größten Musikmetropolen der Welt. Und seit jeher Heimat von zahlreichen genialen Komponisten und Musikern, und das ist bis heute so geblieben. Es ist für mich immer ein besonderes Erlebnis, nach Wien zurückzukommen und in einer der legendären Konzerthallen aufzutreten.
Diamant & Handarbeit
Die Klavierfabrik Steinway & Sons erzeugt nicht nur klassische Flügel, sondern entwickelte auch die neue Spirio-r-Technologie zum Black Diamond.
Wenn ein imposanter Klavierflügel auf der Bühne steht, denkt kaum jemand daran, dass schon das Instrument ein Masterpiece ist. Insgesamt 12.000 Einzelteile werden bei Steinway & Sons in Hamburg seit 1880 von Hand fein säuberlich zu einem ganzen Konzertflügel zusammengebaut. Allein die Mechanik besteht aus 2.500 Einzelteilen. Geändert hat sich bei Plänen und Produktion bis heute wenig. Sogar die Elementarteile sind unverändert, bis auf die Elfenbeintasten, die seit 1990 aus Kunststoff sind. Noch immer hängen die New Yorker Konstruktionspläne von 1853 an den Wänden.
Naturholz & modernste Technik
„Wir haben keine Angst, dass uns da jemand etwas abschaut oder nachbaut. Auch wenn unsere Patente für den Klavierbau 1974 abgelaufen sind“, sagt EU-Sales-Manager Hans-Heinrich Schalkowski bei der Werktour in Hamburg. „Andere Hersteller bauen fremde Materialien in den Klavierkörper mit ein, weil das billiger kommt und schneller geht. Wir verwenden weiter aber ausschließlich nur naturgewachsenes Holz dafür.“ Das riecht man. Es duftet nach frischem Ahorn aus Wisconsin, nach Sitka-Fichte aus Alaska, nach Mahagoni aus Afrika, nach Nussholz (John Lennon hatte daraus einen Flügel), nach Buche, Leim und Schafwolle. Der einzige Lärm, den man hier wahrnimmt, kommt vom sanften Klopfen mit einem Filzhammer, wenn die Tasten auf der Schafwollunterlage montiert werden. Bei einer Saitenspannung von 78 Kilogramm pro Taste, kein leichtes Unterfangen. Die Bauzeit für einen kompletten Flügel beträgt ein Jahr. Auch an dem Platz, an dem Lang Langs Black Diamond produziert wird, herrscht volle Konzentration, nicht nur beim Einsetzen eines Diamanten.
Die eingebaute Spirio-r-Technologie, mit der jedes Black Diamond ausgestattet ist, nützen übrigens von Gianna Nannini, über Diana Krall und Keith Jarrett auch Hobbypianisten, um ihre eigenen Klavierstücke live aufzunehmen, authentisch zu reproduzieren und anschließend auf demselben Flügel wieder abzuspielen. Gesteuert wird das System übrigens mittels iPad.
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