Kondom 3.0
Wenn ich an Kondome denke, dann ist die damit verknüpfte Assoziation erst einmal recht unschuldig: Ich sehe halbwüchsige Buben in grell gemusterten Badehosen, die fast bis zu den Knien reichten (ja, die Siebziger ...), mit Wasserbomben aus Präserln herumrennen und uns Mädchen damit beschießen. Manche der Freundinnen (damals vielleicht 12, 13) dachten, das seien kleine Jausensackerln aus Muttis Lade. Doch der herbe Bademeister klärte die Meute pauschal mit einer kurzen Standpauke auf: „Heat’s sufurt auf, mit de Ollas herumzuschiaßn, sonst könnt’s euch für immer schleich’n.“
Das ist lange her und Präservative gibt es heute in allen Formen, Farben und Variationen. Sie schmecken nach Bananensplit, Erdbeershake oder Rum-Kokos, kommen gerillt, gemustert und in Amerika sogar mit Obamas Antlitz ins Rollen. Manche surren, viele gleiten, andere leuchten im Dunkeln – ihre Hersteller sind bemüht, mit Witz und Originalität zu animieren. Es würde also niemanden verwundern, gäbe es demnächst den sprechenden Überzieher, der seinem Träger Mut macht („Wow, bist du aber schön groß“) oder sich bei der Frau einschleimt („In dir ist es atemberaubend.“)
Trotzdem hält sich die Gier nach dem Kondom in Grenzen – Männer mögen keine Gummis. Frauen auch nicht so. Für ihn ist es zu klein, zu groß, zu kompliziert, zu störend. Für sie ist es zu fremd, zu peinlich, zu irritierend, zu unsexy. Die trockenen Fakten: Angeblich trägt weltweit nur jeder 20. Mann beim Geschlechtsverkehr Gummi, zuletzt stieg die Zahl der sexuell übertragbaren Krankheiten wieder. Tripper oder Syphilis sind im Vormarsch – auch, weil die Ansteckung mit HIV ihren todbringenden Schrecken verloren hat.
Deshalb hatte der reiche Bill Gates eine Idee. Im Rahmen seiner Bill & Melinda Gates-Stiftung rief er den „Kondom der Zukunft“-Contest aus. 100.000 Dollar soll jener Mensch bekommen, der das ultimative Konzept für den ultimativen Gummi entwickelt. Laut der US-Tageszeitung „New York Times“ seien bisher 500 Einsendungen eingetroffen – im Herbst wird der Gewinner bekannt gegeben. Beste Chancen wird dem Origami-Kondom eingeräumt, das von einer Firma in Los Angeles entwickelt wird (siehe: www.origamicondoms.com). In der Tat: Das Ding hat das Potenzial zum „World’s Next Top-Kondom“, weil es sich total neu erfindet: 1.) Es ist aus Silikon. 2.) Es wird nicht gerollt, sondern gefaltet (Origami steht ja für die japanische Kunst des Faltens – es muss ja kein Kranich sein). 3.) Es passt sich den Bewegungen an – zieht sich zusammen, wenn’s muss und dehnt sich, wenn’s soll. Eine Ziehharmonika für den Geschlechtsteil, quasi. 4.) Man erspart sich kompliziertes Herumnesteln, das Ding ist angeblich innerhalb von drei Sekunden drauf. Wien, Paris, New York – der Orgasmus kommt, das Hütchen hält (dicht nämlich auch!). Und 5.) Origami gibt es nicht nur für Männer, sondern auch für Frauen.
Einzig über das Design könnte man diskutieren. Die durchsichtigen Dinger erinnern ein wenig an Plastikbecher von Wasserspendern oder – mit ausgeprägter Fantasie – an Urinflaschen. Dennoch: Good luck. Weil alles, was zu mehr Gummi-Lust führt, nur gut sein kann.
Kommentare