Johnny Logan über Vergänglichkeit

Johnny Logan über Vergänglichkeit
Johnny Logan, 59, hat als Musiker Geschichte geschrieben. Als einzigem Künstler ist ihm ein Dreifach-Sieg beim Song-Contest gelungen. Nun kehrt er mit Volksliedern aus seiner Heimat Irland zurück. Ein Gespräch über das Geheimnis eines wirklich großen Songs, die eigenartigste Frage, die ihm je gestellt wurde und: Wie der Tod sein Leben verändert hat.

freizeit: Oh Johnny, du riechst gut. Kennst du „Oh Jonny“ von Jan Delay?

Johnny Logan: Das Lied kenne ich nicht, dafür das Parfüm. Das ist auch ein John – Richmond, einer meiner Lieblingsdüfte. Du kannst gerne an mir schnuppern. Tolles Parfüm. Richmonds Kollektionen sind stark von Punk-Rock inspiriert.

Welche Musik hörst du gerne?

Ich habe vor Kurzem gesagt, dass ich keine Popmusik mehr höre, was eigentlich nicht stimmt. Ich will nur keine Songs ohne Seele. „Ten Easy Pieces“ von Jimmy Webb mag ich oder Michael McDonald und Peter Gabriel. Ich bin sehr eklektisch unterwegs, mag viele Stile. Auch Country und neuere Bands wie Mumford & Sons, The Lumineers oder Adele.

Irgendwie passt junge Musik zu dir. Du bist auch sehr jugendlich gekleidet.

Mein 21-jähriger Sohn meinte kürzlich: „Papa, es ist peinlich wie du ausschaust.“ Dann habe ich gesagt: „Ich sehe doch aus wie du.“ Und er: „Ja, eben. In meinem Alter ist das cool, in deinem peinlich.“ Ich fühle mich wohl so. Im Sommer ist mir was Lustiges passiert. Willst du es hören?

Ja, klar.

Ich habe bei der irischen Show „The Hit“ mitgemacht. Zwei Künstler treten gegeneinander an, wer höher in die Charts einsteigt, gewinnt. Im Vorfeld habe ich von der Show-Verantwortlichen eine Mail gekriegt, in der stand: „Können Sie sich bitte wie ein Rockstar anziehen?“ Ich singe seit 30 Jahren, aber das war die eigenartigste Frage, die mir je gestellt wurde.

Dann warte mal das Interview ab.

Das kannst du nicht toppen. Ich habe dann nachgefragt, ob ich mich stylen soll, wie die Bandmitglieder von Kiss oder ob ich goldene Stiefel und ein Tutu tragen soll. Und ich habe mich erkundigt, ob sie sich für die Show anzieht wie eine Chefin und der Regisseur wie ein Regisseur. Schließlich habe ich von einem anderen Mitarbeiter eine Entschuldigung gekriegt.

Beim Entschuldigen mache ich gleich mit. Du promotest gerade dein neues Album „The Irish Soul“. Darf man da überhaupt noch nach deinem Song-Contest-Hit „Hold Me Now“ fragen?

Natürlich. Das Lied ist für mich noch immer so frisch wie vor 26 Jahren. Ich hoffe ja, dass meine irischen Volkslieder so gut ankommen, dass ich damit hier auf Tour gehen kann. Sie sind nicht für eine CD gemacht, die muss man live spielen. Da wären auch meine Eurovisions-Hits dabei.

Du hast drei Mal beim Song-Contest gewonnen. Als Sänger, dann als Komponist und Sänger und noch einmal als Komponist. Wie hast du das angestellt?

Das kann ich dir sagen. Es war alles echt! „Hold Me Now“ zum Beispiel handelt davon, dass ich jemanden immer lieben werde, auch wenn wir nicht zusammen sein können. Das ist mir alles so passiert und ich habe es gefühlt. Das ist das Geheimnis eines wirklich großen Songs.

Eine gute Stimme gehört aber auch dazu. Deine macht jedenfalls Gänsehaut.

Freut mich, dass du das sagst. Ich weiß sie auch zu schätzen. Vor zehn Jahren war meine Stimme nach einem Auftritt in Amsterdam plötzlich weg. Da habe ich echt Angst bekommen. Der Arzt hat einen Polypen auf meinen Stimmbändern entdeckt, der weggelasert wurde. Danach musste ich alles wieder neu lernen. Aber: Meine Stimme ist heute besser denn je. Aus diesem Erlebnis habe ich gelernt, dass nichts für die Ewigkeit ist. Es ist, wie mit allem im Leben: Schätze, was du hast! Vor ein paar Wochen ist mein Onkel gestorben, mit dem ich sehr eng war. Da gehen einem diese Dinge durch den Kopf.

"Ich war immer Frontmann und musste eine Show liefern. Ich habe gelebt wie ein 20-Jähriger, obwohl ich fast 50 war. Das ging sich irgendwann nicht mehr aus."

Das tut mir leid. Wie geht es dir damit?

Mein Onkel war 80 und hatte ein langes Leben. Aber bei uns in Irland sagt man: „Wenn du einen Menschen begräbst, begräbst du nicht nur ihn, sondern alle, die vorher gestorben sind.“ Dazu gehören auch meine Eltern. Als mein Vater starb, war das meine erste familiäre Berührung mit dem Tod. Danach war nichts mehr, wie es war. Ich hätte ihm gerne noch so vieles gesagt. Seither küsse und umarme ich Menschen viel öfter. Ich sage ihnen auch, dass ich sie liebe. Ich möchte nicht noch einmal zurückschauen und bedauern, dass ich das verabsäumt habe.

Warum muss immer erst etwas passieren, bevor wir umdenken?

Weil wir glauben, dass wir ewig leben. Ein Freund von mir lag vor einigen Jahren mit einer Asbestvergiftung im Krankenhaus – die Folge seines Berufes, den er 20 Jahre vorher ausgeübt hatte. Als ich dort war, sagte ich ihm: „Du warst immer ein guter Freund. Ich liebe dich.“ Ich bin froh, dass ich das gesagt habe. Zwei Tage später war er tot. Manche Gelegenheiten kommen nicht wieder.

Der Beruf des Musikers ist für die Gesundheit auch nicht immer zuträglich. Wie war das bei dir?

Es ist kein Geheimnis, dass ich viele Jahre ein Party-Animal war. Ich bin ein Kind der 1970er-Jahre. Zu dieser Zeit ist man nicht mit einer Flasche Wasser ins Bett gegangen. Ich habe nicht Stunden, sondern Tage gefeiert. Den Rest kann sich jeder selbst zusammenreimen. Man gewinnt nicht drei Mal den Song-Contest, ohne durch wirklich wilde Jahre zu gehen.

Warum kann man nicht Popstar sein, ohne ein wildes Leben zu führen?

Weil es Frauen gibt wie dich, die uns ruinieren! Wir haben ja versucht, ins Bett zu gehen. Aber natürlich sind es nicht nur die Mädchen. Du gibst ein Konzert vor 10.000 Fans. Alle haben eine gute Zeit und du bist voller Energie. Wer geht da bitte allein ins Hotel? Danach feierst du eben mit Freunden. Disziplin kommt mit dem Alter, man muss sie lernen. Ein Körper steckt in jungen Jahren viel mehr weg.

Wie hast du die Kehrtwende geschafft?

Vor zehn Jahren habe ich Vorhofflimmern bekommen. Das war auch vom Stress. Ich war immer Frontmann und musste eine Show liefern. Ich habe gelebt wie ein 20-Jähriger, obwohl ich fast 50 war. Das ging sich irgendwann nicht mehr aus. Dann bin ich im Krankenhaus aufgewacht. Meine erste Erinnerung waren viele Schläuche und eine alte Frau, die sich über mich gebeugt hat. Sie meinte: „Johnny Logan? Sie müssen schnell gesund werden.“ Und ich sagte: „Gehen Sie weg. Ich versuche hier zu sterben.“

Das ist Ihnen Gott sei Dank nicht geglückt. Wie ging es weiter?

Als es mir wieder besser ging, habe ich noch zwei Jahre weitergemacht. Am 3. Jänner 2006 habe ich dann von einem Tag auf den anderen aufgehört, Alkohol zu trinken. So ist es bis heute geblieben. Am 3. Jänner 2014 werden es acht Jahre.

Eine tolle Leistung. Du trinkst also nicht mal ein Glas zu Weihnachten?

Nein, keinen Schluck. Bevor meine Mutter starb, hat sie ein Glas Champagner getrunken. Ich glaube, dass ich auch so abtreten will. Wenn du irgendwann mitkriegst, dass mich ein Auto überfährt, rufe bitte nicht die Rettung, sondern einen Kellner. Ich möchte eine Flasche Champagner trinken, bevor ich gehe.

Hast du einen Rat für Menschen, die selbst schwierige Zeiten durchleben?

Keine Panik! Es gibt immer ein Morgen. Egal, wie schlimm die Dinge stehen, irgendwann ist es zu Ende. Ich hatte so schwierige Phasen in meinem Leben. Nach meinem Song-Contest-Sieg 1980 war mein ganzes Geld weg. Ich wurde betrogen und dachte, alles ist aus. Aber so war es nicht.

Apropos Ende: Ist der Song-Contest für dich ad acta gelegt?

Ich sehe mich im Moment dort nicht, weil er sich so stark verändert hat. Er erinnert mich an ein europäisches „X-Factor“. Da müsste vorher ein Live-Orchester zurückkommen. Aber es gibt immer wieder gute Lieder, wie „Satellite“ von Lena oder „Euphoria“ von Loreen. Mir hat auch ein Österreicher vor einigen Jahren gefallen. Ein Mann, der über „Katzerln“ gesungen hat.

Alf Poier?

Den fand ich wirklich lustig. Vor allem als das Lied in einen Rocksong übergegangen ist und er „Headbanging“ gemacht hat. Großartig! Für mich ist der Song-Contest ja ein bisschen wie ein Mädchen, das seinen Prinzen finden will. Du musst vorher einige Frösche küssen.

Du hast mir am Anfang von der eigenartigsten Frage erzählt, die dir je gestellt wurde. Ich will sie toppen und dich was Blödes fragen. Singst du beim Duschen?

Ach, das ist doch eine liebe Frage, auf die ich frech antworte. Es kommt darauf an, wer mit mir duscht. Info: „The Irish Soul - The Irish Connection 2“, von Johnny Logan ist im Handel erhältlich.

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