Heliskiing: Spuren im Schnee

Heliskiing: Spuren im Schnee
Unendliche Weiten, jungfräuliche Hänge und einzigartiger Schnee. Heliskiing in Kanada ist ein unvergessliches Erlebnis. Inmitten der unberührten Bergwelt British Columbias finden Skifahrer ihr Paradies.

In Kanada wurde ein seltsames Phänomen entdeckt. Dort springen selbst Morgenmuffel fröhlich aus dem Bett, wenn kurz nach sechs Uhr der Wecker läutet. Auch – oder gerade wenn sie Urlaub machen. Das hat vor allem einen Grund. Das Paradies, von dem sie vielleicht eben noch geträumt haben, wird hier zur Realität. Wir befinden uns in einer Lodge in den Cariboos, einer einst als Goldgräbergebiet berühmten Gebirgskette inmitten hoher nach Norden ausgerichteter Gletscher. Die Cariboo-Lodge ist eine von elf Lodges des größten Heliskiing-Anbieters Nordamerikas. 7.000 Gäste, davon 200 aus Österreich, kommen Jahr für Jahr hierher, um die Annehmlichkeiten von Canadian Mountain Holidays (CMH) zu genießen: Tiefschneefahren in den unendlichen Weiten British Columbias. Das Gebiet, das CMH hier erschlossen hat, umfasst 15.800 km². Linz, die Heimatstadt von Hans Gmoser, dem Pionier des Heliskiing und Gründer von CMH, hätte da 164-mal Platz. Der Österreicher war in den 1950er-Jahren nach Kanada ausgewandert, um dort als Bergführer zu arbeiten. Dabei kam ihm die Idee, die bis dahin unzugängliche Bergwelt Kanadas mit dem Helikopter zu erschließen. So gilt 1965 als Geburtsjahr dieses ultimativen Skivergnügens. In British Columbia fällt so viel Schnee wie sonst nirgendwo in Kanada. Zwölf bis 25 Meter pro Jahr sind keine Seltenheit. Sogar im März ist die Schneedecke oft bis zu sechs Meter hoch und verdeckt ganze Bäume.

Beeindruckende Statistiken, die aber nie die ganze Geschichte erzählen. Eine Geschichte von unverspurten Hängen und spektakulären Waldabfahrten in atemberaubender Natur. Dazu kommt luftig leichter Schnee, der Skifahren hier einzigartig macht. Heute zeigt sich der Himmel über den Cariboos von seiner schönsten Seite. In der Nacht hat es geschneit, jetzt scheint die Sonne und kalt ist es auch. Es hat -10 Grad Celsius. Im Jänner, dem kältesten Monat, können die Temperaturen, selten aber doch, auch bis zu -35 Grad betragen. Die besten Voraussetzungen für Champagner-Powder. Manche sprechen von einer „Once-in-a-Lifetime-Experience“: Einmal im Leben muss man in einen jungfräulichen Schneehang eingefahren sein. Schweben als Hilfsausdruck, wenn man Vielfahrern glaubt. Manche werden so süchtig danach, dass sie schon in jungen Jahren den Ritterschlag jeden Heliskiers erhalten. Nach 345.000 absolvierten Höhenmetern wird ihnen in einer feierlichen Zeremonie ein Skianzug überreicht. Auf der rechten Brust prangt gut sichtbar ein Aufnäher: „One-Million-Vertical-Feet“. Bis dahin braucht es in etwa zehn Heliskiing-Urlaube – und das nötige Kleingeld natürlich. Für John, einen 35-jährigen Unternehmer aus Toronto, wird es heute Abend so weit sein. Vorerst bereitet er sich bei Müsli und Pancakes noch auf seinen großen Tag vor. Energie und Ausdauer ist das, was Heliskier am nötigsten brauchen, wenn sie zehn bis 15 Runs pro Tag schaffen wollen.

John, der Lodge-Boss, wird gleich verkünden, welche Gebiete heute angeflogen werden. Das legen die Ski-Guides am Morgen in einem Team-Meeting fest. In den Cariboos stehen 350 Abfahrten in einem 1.500 km² großen Gebiet zur Auswahl. Temperaturen, Neuschneemengen und Wind werden überprüft, Schneeproben entnommen. Die Sicherheit der Gäste hat oberste Priorität. Plötzlich durchbricht ein knatterndes Geräusch die morgendliche Stille. Pilot Brian hat seinen Dienst aufgenommen und den Heli-Motor gestartet. „15 Minutes“, sagt John, und jeder weiß, was das heißt: Fertig machen zum Abheben. Wenig später knien elf Menschen, mit Lawinenpieps und Funkgerät ausgerüstet, am Boden und verschwinden kurz im vom Rotor aufgewirbelten Schnee. Dann steigt die erste von vier Gruppen in den Bauch des Helis. Aus der Vogelperspektive lässt sich die Faszination Heliskiing dann zumindest optisch erfassen: In der Sonne glänzende Gletscher, unendliche Weiten, unberührter Schnee. Beschreiben lässt sich das Gefühl, hautnah dabei zu sein, nämlich nur schwer. Hans Gmoser, der 2006 bei einem Fahrradunfall starb, meinte einmal: „Wenn ich am Gipfel bin, glaube ich, dass die Menschen Flügel brauchen. Nur so gelangen sie dorthin, wovon sie träumen. Solange wir keine Engel sind, sind ein Heli und ein paar Skier ein guter Ersatz.“ Der Heli landet, die Gruppe steht in einer weißen Wolke aus Schnee. Dann fliegt er los, um die nächste Gruppe zu holen. Ski-Guide Raphael aus dem Pitztal gibt letzte Instruktionen. „Links ist eine Gletscherspalte. Ihr fahrt bitte rechts von meiner Spur.“ Dann geht es endlich los. John jubelt.

Heliskiing: Spuren im Schnee
freizeit: Herr Eiter, viele Menschen träumen vom Heliskiing. Wie weiß man, ob man fit genug dafür ist?

Raphael Eiter: Die meisten Europäer sind gut genug. Pisten-Skifahrer, die steile Hänge gut bewältigen können und Spaß am Tiefschneefahren haben, sind auf jeden Fall geeignet. Die Cariboo Mountains, wo wir uns befinden, sind relativ gerundet und daher ein tolles Skigebiet. Das ist mit den Alpen, die steiler und felsiger sind, nicht zu vergleichen.

Wie würden Sie denn die Faszination Heliskiing beschreiben?

Viele Gäste sind alleine vom Hubschrauber fasziniert. Dazu kommt der Blick von oben auf ein unberührtes Skigebiet und das Wissen, dass man gleich ein paar tausend Meter im feinsten Champagner-Powder runterfährt, ohne einen Schritt gehen oder sich anstellen zu müssen. Wenn einem der Schnee bei den Schwüngen dann um die Ohren fliegt, ist das ein unvergleichliches Gefühl, das man nur in Kanada hat. Sie haben von Champagner-Powder gesprochen.

Was ist der große Unterschied zum Schnee in Europa?

Der Schnee ist nicht komplett anders, aber trockener und lockerer. Er besteht zu 90 Prozent aus Luft. Wenn es dann noch kalt ist, spricht man von Champagner-Powder, für den Kanada berühmt ist. Das kann es zwar auch in Europa geben, allerdings viel seltener als hier. Als Ski-Guide hat man eine große Verantwortung.

Wie lange dauert die Ausbildung für diesen Beruf?

In Österreich dauert die Bergführer-Ausbildung zweieinhalb Jahre. Vor der Aufnahmeprüfung muss man allerdings relativ erfahren sein und über ein Tourenbuch verfügen. Mein Vorteil ist, dass ich die vierte Generation einer Bergführer-Familie und schon als Kind mit meinem Vater auf den Berg gegangen bin. Sie kennen also die Berge in- und auswendig. Das kann man nie sagen, weil sie so vielfältig sind. Man muss sich in jedes Gebiet einarbeiten. Alleine die „Cariboos“ sind halb so groß wie Vorarlberg und es gibt 350 Runs (Anm.: Abfahrten) für unsere Gäste.

Wie behalten Sie den Überblick?

Wenn ich einen Run einmal gefahren bin, habe ich ihn gespeichert. Das ist ein großer Vorteil. Das hilft mir auch, die Pick-Ups der Helis zu finden. Sonst steht man irgendwo im Wald und kann nicht geholt werden. Wir haben auch eine Run-Liste im Computer erfasst, die wir jeden Morgen um sieben Uhr beim Guide-Meeting durchgehen. Dabei wird jeder Run je nach Schneelage und Wetter grün, gelb oder rot markiert. Danach hat man einen guten Überblick.

Es gibt einen Roman mit dem Titel „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“. Haben Sie dieses Gespür auch?

Das Gespür braucht jeder Bergführer. Hier in Kanada wird der Wissenschaft vom Schnee noch mehr Bedeutung beigemessen als in Europa. Wir haben Guides, die ihren Job seit 40 Jahren machen. Das sind Füchse, die sich noch besser auskennen als ich. Aber das Thema ist sehr komplex. Es gibt verschiedene Schwachschichten im Schnee, die wir ständig beobachten. So kann man mit hoher Wahrscheinlichkeit sagen, wo eine Lawine abgeht. Ein gewisses Restrisiko bleibt aber immer bestehen.

Können Sie damit gut leben?

Wenn man damit nicht umgehen kann, darf man den Job nicht machen. Aus unserer Sicht treffen wir die Entscheidungen immer so, dass wir sicher unterwegs sind. Aber es gibt eben so etwas wie höhere Gewalt. Jeder, der das Vergnügen des Pulverschnees möchte, muss das wissen.

Anreise:

Austrian Airlines fliegen täglich von Wien via Toronto nach Calgary. Die Flugzeit bist Toronto beträgt 9:35 Stunden. Von dort bis Calgary sind es noch einmal 4:15 Stunden. Ein Roundtrip-Ticket kostet ab 815 €. Das „Smart Upgrade“ bietet das Ersteigern eines Business-Class-Platzes. Gebote sind bis 72 Stunden vor Abflug unter www.austrian.com möglich (siehe Info & Service/Buchen). Von Calgary reisen Gäste mit dem Bus in die Skigebiete weiter. Je nach Lodge beträgt die Fahrtzeit zwischen drei und fünf Stunden.

Preise und Info:

Je nach Termin, Dauer und Lodge zwischen 4.000 € und 9.000 €. Buchungen bei CMH-Agent Kuoni, Domplatz 12, 2700 Wr. Neustadt, 02622/21625, heliskiing@kuoni.at. Oder CMH Austria, 8045 Graz, 0699/16212816826, cri@cmh-heliskiing.com.

Info-Abend: 19. November, 18:30 Uhr, Wien. Anmeldung erforderlich unter: www.cmh-heliskiing.com/kurier/

Beste Reisezeit:

Die Saison dauert von Anfang Dezember bis Ende April. Da der kanadische Winter länger als der europäische ist, herrschen bis zum Saisonende perfekte Bedingungen.

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