Jetzt noch einmal zur Vroom-Vroom-Kreuzung

Jetzt noch einmal zur Vroom-Vroom-Kreuzung
Prinz-Eugen-Straße – Wiedner Gürtel – Arsenalstraße – Gräßlplatz: 3000 Schritte

Ich gehe also noch einmal an die Vroom-Vroom-Kreuzung von Prinz-Eugen-Straße und Wiedner Gürtel und betrachte aufgeklärt die bunten Fassaden der Häuser, die ich vor ein paar Kolumnen als „kindisch“ bezeichnet habe. Zahlreiche Leserinnen und Leser – Sie sind, das wusste ich aber eh schon, die Besten! – haben mich darüber in Kenntnis gesetzt, dass es sich dabei nicht um eine übermotivierte Verschönerungsaktion der Hausbesitzer handelt, sondern um Kunst am Bau im Auftrag der Erste Bank, deren Hauptquartier ja auf der anderen Straßenseite entstanden ist, wo früher der Südbahnhof stand.
Der Künstler Marcus Geiger hat dafür die Häuserzeile zwischen Prinz-Eugen-Straße und Mommsengasse in den Farben der sieben Euro-Banknoten renovieren lassen, von rechts nach links vom grauen Fünfer bis zum mauvefarbenen Fünfhunderter. Die Bankangestellten, die durch die großzügigen Glasscheiben ihrer Büros blicken, werden also stets daran erinnert, wofür sie arbeiten. Auch der „Spiegelungseffekt“, das Auftauchen der Geldfarben in der elegant geschwungenen Fassade des Neubaus, ist erwünscht. Die entsprechende Interpretation bleibt dem Betrachter überlassen, mir zum Beispiel, und ich sage lieber nichts mehr, weil ich die Aktion eigentlich immer noch kindisch finde.
Dafür gehe ich jetzt die Arsenalstraße entlang, passiere das schöne 21er-Haus, pardon, das Belvedere 21, wie das Museum moderner Kunst seit letztem Jahr heißt, und bewundere die klare, elegante Liniengebung des Architekten Karl Schwanzer, dessen Geburtstag sich im Mai zum hundertsten Mal jährt, herzlichen Glückwunsch. Die 50 Jahre, die das 21er-Haus auf dem Buckel hat, sind unsichtbar. Es wirkt immer noch so zeitgenössisch wie 1958, als es bei der Weltausstellung in Brüssel als Österreich-Pavillon fungierte. Der Pavillon wurde später abgebaut, nach Wien verfrachtet und 1962 hier, im Schweizergarten, wieder aufgestellt. Seit der Renovierung durch den Schwanzer-Schüler Adolf Krischanitz verströmt das harmonische Gebäude seinen inneren und neuen äußeren Glanz.
Ich gehe weiter Richtung Arsenal, die Straße wird schmäler, ein Wegweiser lädt zum Heeresgeschichtlichen Museum ein, aber ich gehe stur geradeaus, lasse die ehemalige Kaserne in ihrem späthistoristischen Ziegelkleid links liegen und bestaune dafür den futuristischen Arsenalsteig, der gerade quer über die Eisenbahntrassen hinüber nach Favoriten gebaut wird.
Hinter den abgerockten Fassaden des Arsenals erhebt sich der 155 Meter hohe Richtfunk-Turm namens Alfred. Cooler Name für einen Turm, finde ich und finde es ein bisschen rührend, dass man sich so an Postdirektor Alfred Schlegel erinnern darf, der bei der Eröffnung des Turms am 8. September 1978 im Dienst war.
Rechts der Terminal des Autoreisezugs, links Bauzäune, eine „bis auf Weiteres“ gesperrte Fahrradbrücke („Absturzsicherung, Geländermontage“), ein Baumarkt und im hintersten Eck von dessen Parkplatz das kleine Glück: Otto’s Würstelbar. Hier gönne ich mir einen Imbiss. 10 dag Pferdeleberkäs ohne Beilage, € 1,60. Der Himmel.

christian.seiler@kurier.at

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