Udo Walz über Schönheit
freizeit: Herr Walz, in Ihrem neuen Buch „Udo Walz, Coiffeur“ steht: „Ich liebe lange glatte Haare, wie Gwyneth Paltrow sie trägt.“ Meine Harre sind heute lockig. Ist unser Gespräch jetzt gelaufen?
Udo Walz: Ach bitte, das sind doch keine Locken, was Sie da haben. Das ist glatt. Ich würde Ihnen aber zu einem helleren Farbton raten und das Ganze mit cognacfarbenen Strähnchen auflockern. Sie werden kein Model mit ganz dunklen Haaren finden. Das macht alt. Blond ist die Farbe der Jugend.
Schauen Sie bei den Menschen immer genau auf die Frisur?
Nur, wenn ich will. Wenn mich die Leute abends fragen, was Sie mit ihren Haaren machen sollen, sage ich immer: ‚Kommen Sie im Salon vorbei. Da habe ich mehr Zeit.‘ Ich will abends nicht über Haare sprechen. Das ist wie bei einem Arzt, den man ständig nach Gesundheitstipps fragt. Das ist schrecklich!
Sie haben nach eigenen Angaben 200.000 Köpfe frisiert, darunter die von gekrönten Häuptern und vielen Stars. Wie lange muss man als normale Frau auf einen Termin bei Ihnen warten?
Das geht bei uns ganz schnell. Ich bin als Schwabe ja klug. Wenn ich jemandem sage, dass ich erst in einem halben Jahr einen Termin frei habe, geht er zu einem anderen Friseur. Deshalb warten Kunden bei mir höchstens drei Wochen.
Um wie viele Jahre kann sich eine Frau mit der richtigen Frisur verjüngen?
Ich würde sagen 15 Jahre. Viele Frauen, die ich kenne, wie zum Beispiel „Bunte“-Chefredakteurin Patricia Riekel, sehen auch mit 60 noch toll aus. Ich beurteile Schönheit aber weniger nach dem Aussehen, als viel mehr nach der Art und der Allüre – wie eine Frau sich bewegt, wie sie läuft oder gestikuliert. Das finde ich viel wichtiger als ein schönes Gesicht.
Was kostet es, einen „echten Udo“ am Kopf zu tragen?
Ach, das ist nicht so teuer – 150 €. Mit Färben 250 €. Ist nicht so schlimm, oder? Ein Schönheits-Chirurg, der Menschen um 15 Jahre verjüngt, ist definitiv teurer. Genau so muss man es sehen.
Ihr neues Buch trägt den Untertitel „Jede Frau ist schön“. Ist das nicht gelogen?
Ach wo. Wenn Frauen die richtige Frisur haben und sich von einem Stylisten beraten lassen, kann jede schön sein. Ich beurteile Frauen immer nach der Handtasche und den Schuhen. Ich könnte Sie auch noch komplett verändern. Zu wem gehen Sie? Gibt es Bundy und Bundy noch?
Ja, selbstverständlich.
Ich kenne einen verrückten Wiener Friseur namens Erich. Er kommt im Dezember mit 20 Kollegen zu mir nach Berlin, um das Geheimnis von Udo Walz zu lüften. Aber mein Geheimnis ist, dass ich keines habe. Ich mache viel aus dem Bauch raus.
Sie schreiben in Ihrem Buch, dass in Ihrem Leben nichts zufällig passiert ist, Sie aber auch keinen Plan hatten. Können Sie das erläutern?
Ich war nie ehrgeizig und habe mich auch nie irgendwo beworben. Trotzdem war ich bei allen Modeschauen – von Paris bis New York, von Oscar de la Renta bis Christian Dior. Thierry Mugler hat mich einmal um Mitternacht angerufen, weil er mit einem Kollegen nicht zufrieden war. Ich habe ihm in einer Stunde 30 Hochsteckfrisuren gemacht. Da hat er geschaut. Aber wenn man zu ehrgeizig ist, hat man keinen Erfolg. Es ist auch Schwachsinn, zu glauben, man müsste zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Wenn man talentfrei ist, nützt einem die richtige Stelle auch nichts.
Stimmt es, dass Sie bei Ihrer Gesellenprüfung den 597. Platz belegt haben?
Das stimmt. Der Drittschlechteste von 600. Ich war einfach zu faul für die Schule. Das hat mich nicht interessiert. Wir mussten damals irgendetwas ins Haar knüpfen, was ich nicht wollte. Ich habe meinen Beruf immer gerne, mir aber nie Gedanken darüber gemacht. Erstaunlicherweise hatte ich in jedem Salon, in dem ich gearbeitet habe, sehr viel Erfolg. Die Leute haben sich immer wieder angemeldet.
Wie kamen Sie schließlich an all die prominenten Menschen ran?
Eigentlich war meine Freundschaft mit Richard Burt (Anm.: Ex-Botschafter der USA in Deutschland) und seiner Frau, mit denen ich heute noch Kontakt habe, der Knackpunkt. Sie kamen jeden Freitag von Bonn nach Berlin in ihre Residenz. Am Samstag waren sie dann bei mir im Salon oder wir sind ausgegangen. So lernt man viele Menschen kennen.
Sie sind ein guter Netzwerker.
Das kann man sagen. Ich lerne Freunde durch Freunde kennen – umgekehrt meine Freunde auch durch mich. Ich finde es gut, wenn sich Leute treffen, die dieselbe Meinung haben. Dabei heißt es immer, dass man nur wenige Freundschaften pflegen kann. So ein Blödsinn! Deutsche behaupten immer, dass sie nur zwei, drei gute Freunde haben. Ich habe circa 30, 40 gute Freunde – mindestens.
Müssen Sie da nicht viele Geheimnisse für sich bewahren? Einem Friseur vertraut man doch gerne Probleme an.
Ich will kein Geheimnisträger sein. Wer mich kennt, weiß das. Ich bin mit Sabine Christiansen (Anm.: ehemalige deutsche Talkshow-Moderatorin) befreundet und es war eine schwierige Zeit, als sie vor vielen Jahren durch ihre Trennung in die Schlagzeilen geraten ist. Wir haben damals eine Karibik-Kreuzfahrt zusammen gemacht. Als wir in Miami ankamen, haben an Land 40 Fotografen auf uns gewartet. Ich habe immer gesagt: „Ich kann nichts erzählen. Wenn sie was wissen wollen, fragen Sie denjenigen selbst.“
Und wem vertrauen Sie sich in schwierigen Stunden an?
Ich rufe niemanden an, wenn es mir schlecht geht. Ich will keinen Rat und keine Tat. Ich mache das mit mir alleine aus.
Und Ihr Mann? Mit ihm sind Sie doch seit 20 Jahren zusammen.
Carsten ist nicht mein Mann, sondern mein Partner. Wir haben uns 2008 verpartnert. Ehe ist etwas für Menschen mit Kindern, da bin ich altmodisch.
Wie hält man es so lange zusammen aus?
Indem wir beide auch ein eigenes Leben und unterschiedliche Freundeskreise haben. Wir fahren auch kaum zusammen auf Urlaub. Carsten und ich sind ohnehin fast den ganzen Tag zusammen, weil er meine PR-Agenden macht. Das ist schon eine Herausforderung. Ich plädiere auch für getrennte Bäder und getrennte Schlafzimmer, was aber natürlich eine Frage des Geldes ist. Aber es wäre gut, weil jeder seine Bedürfnisse hat. Der eine isst gerne einen Apfel vor dem Zu-Bett-Gehen, der andere will lesen oder fernschauen. Das alles sind Kompromisse, die man nicht hinnehmen sollte, wenn es nicht unbedingt sein muss.
Wo haben Sie Ihren Partner kennengelernt?
Das war 1994. Ich mache jedes Jahr zu Weihnachten eine Open-House-Party für einsame Herzen. Ich könnte zu Weihnachten gut alleine sein, aber andere sind oft traurig. Deshalb stehen die Türen bei mir offen. Es gibt Kartoffelsalat und 100 Paar Würstchen und jeder nimmt sich, was er mag. Eines Tages kam Carsten vorbei.
Ihr Partner ist 26 Jahre jünger als Sie. Haben Sie nie Angst, dass er Sie eines Tages verlässt?
Ich sage immer zu Carsten: „Wenn du mich verlässt, dann gehe ich eben mit.“
Schneiden Sie Ihrem Partner die Haare?
Nein, das will ich nicht. Ich kann Männerhaare generell nicht so gut schneiden. Dafür liegen mir die Damen.
Wer war bisher Ihre Lieblingskundin?
Hildegard Knef, eine richtige Berlinerin. Sie war der Hammer. Aber ich hatte mehrere Lieblinge. Romy Schneider oder Carla Bruni. Bei Bruni habe ich immer einen Wunsch frei, weil ich einmal ihr Telefonbuch gefunden habe. Da standen die Nummern von Leuten wie Eric Clapton oder Mick Jagger drinnen.
Woher kannten Sie Romy Schneider?
Sie stand in Berlin für „Die Spaziergängerin von Sans-Souci“ vor der Kamera und kam samstags nach der Drehwoche immer zu mir. Ich könnte jetzt sagen, wir waren gut befreundet, weil sie ja schon tot ist. Aber wir waren gut bekannt. Sie hat sehr geschätzt, dass ich nie die Presse verständigt habe, wenn sie bei mir war. Wir waren auch gemeinsam essen. Daher weiß ich, dass sie nicht so gebrochen war, wie viele geglaubt haben. Als ich sie gefragt habe, wie sie mit dem Getratsche der Leute umgeht, meinte sie nur: „Welche Leute?“
Wird man als Star-Friseur reich?
Ich bin kein Star-Friseur. Star-Friseur ist eigentlich eine Frechheit. Das klingt als würden wir nur Stars frisieren. Wir leben ja vor allem vom normalen Bürger, der zu uns kommt.
Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel zu seinen Kunden zu zählen, ist ja nicht die schlechteste Reputation.
Ich spreche in jedem Interview nur von Frau M. oder der mächtigsten Frau in Deutschland. Das schreiben Sie bitte auch. Sie hasst es, wenn man mit ihrem Namen hausieren geht. Eine Modemacherin hat einmal gesagt, dass Frau M. bei ihr Kundin ist. Von da an kam sie nie mehr wieder.
Wie muss man sich einen Friseurbesuch von Frau M. vorstellen?
Sie kommt rein und ihre Bodyguards trinken Kaffee vor der Türe. Frau M. kriegt ihren Tee und ihre „Bunte“. Ab dann will ich, dass sie ihre Ruhe hat. Bei uns darf generell niemand fragen: „Wer sind Sie?“ oder „Woher kommen Sie?“ Das ist strikt verboten.
Sind prominente Frauen kompliziert?
Ach wo, Frauen sind generell nicht kompliziert. Zumindest bei mir nicht. Ich sage mal, es gibt die A-, B-, und C-Kategorie von Promis. In die C-Klasse fallen bescheuerte Tanten, mit denen ich nichts zu tun haben will. Alle anderen behandle ich, wie ich selbst behandelt werden will. Und das ist bisher immer gut gegangen.
Wären Sie gerne einmal mit einer Frau liiert gewesen?
Ich war doch mal verlobt – mit Eva-Maria. Aber dann bin ich Zigaretten holen gegangen und nie mehr zurückgekommen. Ähnlich wie im Lied „Ich war noch niemals in New York“ von Udo Jürgens.
Hatten Sie kein schlechtes Gewissen?
Nein. Ich wusste einfach, dass das nicht mein Leben ist. Und Eva-Maria durfte die Verlobungsgeschenke behalten.
Hätten Sie nicht gerne Kinder gehabt?
Schatzl, ich habe nie darüber nachgedacht. Udo Walz ist ein Phänomen in der Sache. Was gestern war, ist weg. Ich hasse es auch, wenn die Leute in Erinnerungen schwelgen.
Lassen Sie es uns trotzdem versuchen. Sie sind im Sommer 70 geworden ...
Bitte nicht die Zahl sagen. Das klingt so alt. Einigen wir uns darauf, dass ich in ein neues Lebensjahrzehnt eingetreten bin. Was war die Frage?
Wann gehen Sie in Pension?
Gar nicht natürlich. Zuhause würde ich mich langweilen. Was mache ich denn dort? Außerdem bin ich erst 70.
Sie haben elf Salons. Reizt es Sie denn, noch einen 12. aufzumachen?
Eher überlegen wir, alle Geschäfte zuzusperren und dafür ein großes Geschäft mit eigenem Bistro aufzumachen. Etwas Spektakuläres!
Warum müssen Sie da noch überlegen?
Weil ich mein ganzes Erspartes reinstecken muss. Und da weiß ich noch nicht, ob sich das lohnt.
Angenommen, es gäbe die Wiedergeburt: Würden Sie noch einmal als Udo Walz auf die Welt kommen wollen?
Ich bin kein gläubiger Mensch, aber die Buddhisten haben da einen guten Ansatz. Sie haben keine Angst vor dem Tod und denken, dass Sie sieben Mal wieder kommen. Das würde mir gut gefallen. Nicht als Schmetterling, sondern immer wieder als Udo Walz – und als Friseur.
Udo Walz, 70, wurde 1944 in Waiblingen (D) geboren. Mit 14 startete er eine Friseur-Lehre und absolvierte einen Teil seiner Ausbildung in St. Moritz. Dort kam er erstmals mit der Prominenz, von Gunter Sachs bis Paul Anka, in Berührung. Später zog er nach Berlin, wo er schließlich seinen ersten eigenen Salon eröffnete. Die dazu nötigen 85.0000 Mark lieh er sich von der Bank und einer Kundin. Bald zählten die Reichen und Schönen zu seinen Kunden, darunter Romy Schneider, Gwyneth Paltrow oder der deutsche Ex-Bundespräsident Johannes Rau. Von diesen Begegnungen erzählt er in seiner Biografie „Udo Walz, Coiffeur“. Walz war einmal mit einer Frau verlobt. Heute lebt er mit seinem Partner Carsten zusammen.
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