Denn knapp die Hälfte dieser Gesichtsberührungen betreffen die Schleimhaut an Mund, Nase und Augen. Eine Tat, die bloß Linderung bringen soll, wird so zum gefundenen Fressen für Viren und Bakterien. Auf diese Art nämlich – man kann es nicht oft genug wiederholen –, gelangen möglicherweise Keime in unseren Körper, die wir zuvor mit unseren Fingern an Türklinken, den Haltestangen in der U-Bahn oder an Parkbänken aufgeschnappt haben.
Reflex oder Tic?
Angesichts der Verbreitung von Covid-19 sollte man dieses reflexhafte Verhaltensmuster also nicht nur überdenken, sondern überhaupt lassen – und das auf längere Zeit.
Nichts leichter als das, könnte man meinen. Aber der Stress, die trockene Luft drinnen, der Wind draußen – es gibt Dutzende Gründe, sich ins Gesicht zu fassen. Mit ein wenig Selbstdisziplin lässt sich dieses Ritual, wenn schon nicht unterbinden, dann einschränken. Der fallweise Griff ins Gesicht ist ja (noch) kein Tic, der nach einer Therapie verlangt.
3,6 Mal zu viel
Also hört man besser auf einen Mann, der zwar keine medizinische Befähigung aufweist, dafür eine Lebenserfahrung, die locker für zwei reicht: Otto Schenk. Der Schauspieler machte sich seit Ende der 1950er-Jahre einen Namen auch als Opernregisseur. Dabei fiel ihm auf, dass Sänger auf der Bühne oft nicht wissen, wohin mit den Händen. „Daher gab ich ihnen etwas in die Finger, es brauchte nur ein kleiner Gegenstand sein.“ Die Folge: Die Fuchtlerei im Gesicht fand ein Ventil.
Was sagt das Menschen ohne Bühnendasein? In dieser Stunde wischen wir mit den Fingern besser ein weiteres Mal übers Handy als 3,6 Mal zu viel über unsere Wange.
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