Der Mostvereinsobmann in der Sekte

Von dem Pfarrer, der auszog die heidnische Göttin Fama zu besiegen.

Mein bester Kindergartenfreund hatte zwei linke Hände, also beschloss er, Rechte Hand zu werden, und zwar die des Mostvereinsobmannes. Das ist bei uns ein hochkarätiger Posten, schließlich hängt nicht nur unsere Wirtschaft von Äpfeln und Birnen ab, sondern auch unser gepflegter Rausch. Solange mein Kindergartenfreund Pensionistenausflüge organisieren und bei Veranstaltungen Autos einweisen musste, war alles in Ordnung. Doch dann streuten böse G’fraster zwischen Stammtisch und Dorfbrunnen das Gerücht, der Mostvereinsobmann sei gegen Fallobst allergisch. Mein Kindergartenfreund bemühte sich sofort, das Gerücht zu ersticken, schließlich scheangelt der Mostvereinsobmann darauf, irgendwann den Bauernbund zu übernehmen und träumt nachts, Landeshauptmann zu werden. Er erteilte also der Regionalzeitung Schreibverbot und rügte den Stammtisch, doch dann wurde am Raiffeisenparkplatz erzählt, der Mostvereinsobmann befürworte eine höhere Mehrwertsteuer auf Alkohol. Mein Kindergartenfreund schimpfte also den Raiffeisenparkplatz und plötzlich hieß es, der Mostvereinsobmann sei einer Sekte beigetreten, die Alkohol gänzlich ablehne. Bald war mein Kindergartenfreund so verzweifelt, dass er Hilfe von oben erbat. Der Herr Pfarrer jedoch, im Herzen ein alter Lateiner, erzählte nur von Fama, der Göttin des Gerüchts: „Tausend Ohren und Augen hat sie, sowie Flügel, um schnell voranzukommen. Leicht reißt man sie auf, schwer ist sie zu ertragen und kaum abzuschütteln. Anfangs klein, vergrößert sie sich gewaltig, sobald man sie einmal in Bewegung gebracht hat.“ Mein Kindergartenfreund hoffte, der Pfarrer hätte einen Ratschlag, wie er diese heidnische Göttin besiegen könne. „Was jetzt?“, fragte er. Der Geistliche antwortete: „Na was? Schick mir den Mostvereinsobmann her, ich hab’ Angst um meinen Messwein!“

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