Asyl für Biber

Manchmal kommt alles besser, als man denkt.

In meinem niederösterreichischen Dorf geht es allen prächtig. Wir haben Arbeit, die Greißlerin ist freundlich und die Schnitzl vom Kirchenwirten sind die allerbesten auf der ganzen Welt. Nur unser Bürgermeister ist voller Sorgen. Dieser ist zwar schwärzer als der Rauchfangkehrer, aber er fürchtet sich vor der Gemeinderatswahl. Vorarlberg hat gezeigt: Am Land wählen nicht mehr alle schwarz, nur weil das immer so war. Die Republik ist im Umbruch und unser Bürgermeister, der sich ohnehin von seiner Partei im Stich gelassen fühlt, fürchtet sich. Er wollte also sein Karma-Konto aufpäppeln, und weil er so ein Freund der Nagetiere ist, stimmte er zu, eine ausländische Biber-Population bei uns im Bach anzusiedeln, die aufgrund unruhiger Gewässer ihre Heimat verlassen musste. Zunächst merkte niemand, dass die Biber aus dem Ausland kamen. Vielmehr freute man sich, dass die Geburtenrate bei den Bibern in die Höhe ging, doch dann behauptete ein Schmierfink von der Gemeindezeitung, der eine Nagetier-Allergie hat, die Biber hätten alle Fische des Flusses gefressen, und schon ging es los. „Die Biber sollen wieder dahin zurück, wo sie hergekommen sind!“, erboste sich der Stammtisch. „Aber sie haben kein Zuhause mehr“, verteidigte der Bürgermeister. „Wir können nicht alle Nagetiere aufnehmen! Was ist, wenn die kriminell werden? Die sollen woanders hin!“ Dem Bürgermeister tat das Herz weh. Lange überlegte er, was er tun sollte, aber er brachte es nicht fertig, die heimatlosen Biber wegzuschicken. Und obwohl der Stammtisch und die Gemeindezeitung schimpften, gewährte er ihnen Asyl. Er dachte, wer keine Biber mag, von dem will ich auch nicht gewählt werden. Doch das Dorf gewöhnte sich an die Biber, und bald war man froh, dass die Auen gepflegt wurden. Und die Umfragewerte des Bürgermeisters, besser denn je.

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