Pol-Position
Was haben die Küstenseeschwalbe und der Wiener Architekt Heinz Neumann gemeinsam? Beide waren schon am Nord- und am Südpol. Sie legt dabei auf der längsten Wanderung aller Zugvögel in einem Jahr 40.000 Kilometer zurück. Eine Distanz, so groß wie der Erdumfang. Er hingegen wird nur von Zeit zu Zeit aus purer Neugierde zum Zugvogel: Im letzten Jahr ging’s mit einer Iljuschin ins Polareis. Seither schwärmt er euphorisch von einem Kontinent einzigartiger Schönheit, der Heimat der Pinguine, und ist überzeugt: „Nirgends ist die Welt einsamer als am Südpol.“
Mit UNIQA-Tower und BahnhofCity Wien, mit Ares Tower, Euro Plaza West und vielen anderen Bauten hat der Star-Architekt in Wien Spuren hinterlassen. Und wie ist es am südlichsten Ende der Welt, das Entdecker und Abenteurer seit jeher fasziniert? „Es geht an die Grenzen des Erträglichen, wenn man immer nachdenkt, ob man jetzt die Fäustlinge ausziehen soll, um den Zippverschluss höher zu ziehen oder ob man es besser bleiben lässt“, sagt Neumann. „Aber die Landschaft ist unglaublich beeindruckend. Diese absolute Einsamkeit. Keine Menschen weit und breit. Und dann in einem kleinen Zwei-Mann-Zelt zu büseln, ist eine Herausforderung, wenn es drinnen und draußen 40 Grad unter Null hat.“
Neumann war zum ersten Mal 1964 und seither schon „sicher 20-mal“ in Afrika: „Bis heute ein Magnet für mich.“ Er war einmal ein ganzes Jahr lang unterwegs, von Ägypten über den Sinai und Somalia nach Dschibuti: „Und mit der alten Eisenbahn vom Kaiser Haile Selassie nach Addis Abeba, dann in den Libanon und nach Bagdad, Persien und nach Kurdistan, das damals noch zu bereisen war.“ Er fuhr mit einer Harley Davidson quer durch Amerika: „Ich habe viele faszinierende und gefährliche Punkte dieser Welt aufgesucht, weil ich neugierig bin. Island, Grönland, Nordpol, immer extremer, immer spannender. Alaska war auch dabei. Aber der Südpol war noch eine Steigerung.“ Wenn man zur richtigen Zeit – um Weihnachten – dort ist, scheint sogar die Sonne die ganze Zeit, aber nicht stark. Die Temperatur schwankt zwischen 25 und 40 Grad unter Null. „Und es kann sein, dass einen der Wind fast wegfegt“, sagt Neumann. „Man lernt schnell: Dein Feind in dieser Weltgegend ist nicht die Kälte. Dein Feind ist der Wind. Das ist die Hölle – und zugleich sehr aufregend.“ Und wie kommt man dorthin, wo die Erinnerungen an den Norweger Roald Amundsen, der als erster Mensch den Südpol erreichte, an Scott und Shackleton und ihre heroischen Überlandexpeditionen auch nach gut einhundert Jahren noch frisch sind?
Neumann war schon einmal in Feuerland: „Von da wäre es nicht weit hinüber gewesen. Aber damals war ich noch nicht reif dafür. Ich musste zuerst zum Nordpol fahren. Diesmal ging es zuerst nach Kapstadt. Von dort noch einmal sechs Stunden mit einer Iljuschin bis an die Küste von Antarctica: Und von der Insel dann weiter mit einer Douglas DC-3 bis zum 83. Breitegrad. Dort muss man tanken, weil der Sprit aus ist. Das Flugzeug landet auf Kufen im Nowhere Land. Dann geht es weiter bis zum Südpol. Ewiges Eis und klirrende Kälte. Man geht noch ein Stück zu Fuß und freut sich wie ein Schneekönig. Ich habe dort eine österreichische Flagge aufgestellt.“
In der Antarktis gibt es Pinguine, aber keine Eisbären. Am Nordpol gibt es Eisbären, aber keine Pinguine. Die drolligen Tiere sind etwa bei einem Abstecher auf das Ronne-Schelfeis zu finden: Da lebt eine große Kolonie Kaiserpinguine
Beim Erkunden der Küstenregionen faszinierend ist die Magie der Ödnis, die so öd gar nicht ist. „Die Einstiegsdroge ist, irgendwo auf die Berge zu gehen – mit Seilen gesichert und mit Steigeisen“, erzählt Neumann. „Im Schelf-Eis, einer Mischung aus Salz- und Süßwasser, und in dieser Zone, wo es andockt, sind Eishöhlen, unbeschreiblich schön. Da geht man etwa 20 Meter unter der Oberfläche und das Licht scheint durch und spielt alle Farben.“
Aber Pol ist nicht gleich Pol. Der Südpol ist eine riesige Insel, die größer ist als Nordamerika und größer als Australien. Und darunter ist massives Land. „Der Nordpol ist Wasser“, erklärt Neumann. „Da fährt man sehr weit von Murmansk nach Franz-Josef-Land. Dort sieht man zum letzten Mal Land, ehe es pfeilgerade zum Nordpol geht. Diese Strecke bin ich einmal mit einem russischen Atomeisbrecher gefahren, als plötzlich Eisbären aufgetaucht und daneben hergerannt sind.“ Am Südpol gibt es keine Lebewesen – außer Pinguine in den Randgebieten. „Keinen Baum, keinen Strauch, keine Fliegen. Nichts. Kein Tier. Das ist totes Land“, sagt Neumann. „Die Pinguine gehen zum Brüten landeinwärts, die Männchen müssen dort mit dem Ei auf den Füßen monatelang stehen. Die armen Teufel frieren, während die Pinguin-Weibchen zurück zum Wasser gehen und nach drei Monaten wohlgenährt wiederkommen, und stellen sich in wechselnden Gruppierungen auf, damit immer andere außen stehen. Denn wenn der Wind bläst, wird sogar dem Herrn Pinguin kalt. Und wenn ihm das Ei runterfällt, beißt ihn wahrscheinlich die Frau Pinguin, weil dann ist es kaputt. Das sind drollige Vögel, die am Bauch den Hang hinunterrutschen und raunzen, wenn wer im Weg ist. Die sind ganz zutraulich, haben keinen Feind. Nur die Skuas, das sind Raubvögel, fliegen von umliegenden Inseln mitunter zu den Kolonien und fressen ein paar kleine Pinguine.“
Sebastian Copeland, preisgekrönter Fotograf, Umweltaktivist und Vorstandsmitglied von „Global Green“, brach 2007, unterstützt von Napapijri, zu einer Expedition in die Antarktis auf, um auf das bedrohte Ökosystem des Südpols aufmerksam zu machen. Aus seinen atemberaubenden Fotos (exklusiv zu sehen hier in der freizeit), entstand der Bildband „Antarctica – The Global Warning“, zu dem Michail Gorbatschow und Leonardo DiCaprio das Vorwort verfassten. 2009 führte Copeland eine Expedition zum Nordpol an, anlässlich der Hundertjahrfeier der Expedition von Admiral Robert Peary (er soll 1909 als erster Mensch den Nordpol erreicht haben). Im gleichen Jahr marschierte Copeland 2.300 Kilometer weit in Grönlands weitläufiger Eislandschaft von Süden nach Norden. Zwei Jahre später querte er den Südpol in der klimaneutralen „Antarctica Legacy Crossing Expedition“. Allein, auf Skiern. Klimaneutral bedeutet, dass die während seiner Expedition angefallenen Treibhausgasemissionen, durch Investitionen in anerkannte Klimaschutzprojekte der Climate Partner, wie etwa in das Waldschutzprojekt in Mosambik, ausgeglichen werden. „Um auf die Folgen der globalen Erwärmung in der Antarktis aufmerksam zu machen, haben wir sogar die Passagiere eines vorbeifahrenden Cruisers abgeholt und uns gemeinsam mit ihnen auf die Eisscholle gelegt, um das SOS-Zeichen zu bilden“, sagt Copeland. Der Ex-Mann von Schauspielerin Brigitte Nielsen überquerte bislang als Einziger die antarktische Eiskappe von Ost nach West direkt über den Pol auf einer Strecke von 4.100 Kilometern.
Der Name Napapijri bedeutet im Finnischen nördlicher Polarkreis. Das gleichnamige Modelabel unterstützt seit seiner Gründung geografische und naturwissenschaftliche Expeditionen, wie etwa die Expeditionen von Sebastian Copeland in die Antarktis.
Weitere Infos: sebastiancopelandadventures.com, www.climatepartner.com, www.globalgreen.org/donate
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