Marktgeschichte Folge 11: Gesundes Unkraut - die Brennnessel

Marktgeschichte Folge 11: Gesundes Unkraut - die Brennnessel
Nicole Ott schreibt einmal im Monat über saisonale Produkte und kreiert exklusiv für die freizeit ein Rezept damit.

Brennnesseln wachsen wild, kosten nichts und sind gesund. Zudem lässt sich das Unkraut in der Küche vielseitig verarbeiten. Wer viel davon in seinem Garten hat, wird im Sommer mit dem Tanz vieler bunter Schmetterlinge beglückt werden.

Stell dir vor, ich hab heute auf meinem Spaziergang die ersten Brennnesseln gesehen“, erzähle ich meiner Schwiegermutter bei unserem täglichen Telefonat. „Ach, ist das schön zu hören, dass der Frühling draußen ins Land zieht“, erwidert sie, „vielleicht könnt ihr mir ein paar Blätter pflücken, dann kann ich eine Suppe daraus kochen. Nun ja, eigentlich müsste ich sie mit anderen Kräutern am Gründonnerstag kochen, dann haben wir das ganze Jahr keine Geldnot – hat zumindest die Omi immer gesagt.“

Dem Donnergott Thor geweiht

Schon die Germanen haben die Brennnessel hoch geschätzt,war sie doch dem Blitz und Donnergott Thor geweiht, der auch für die Fruchtbarkeit zuständig war. Ganz ohne wissenschaftliche Untersuchung wussten die Germanen offenbar um die entwässernde und entgiftende Wirkung der unscheinbaren Pflanze und verspeisten sie im Frühling. Zurück zu Hause. „Ich schnappe mir jeden Tag ein Körblein und pflücke in meinem Garten Kräuter und Brennnesselblätter, um einen gesunden Tee zu kochen“, erzählt meine Cousine am Telefon. „Und ein Brennnesselpesto hab ich im Frühling immer im Kühlschrank! Wenn die Brennnesseln in den Gärten als Wildkräuter blühen dürfen, finden die Raupen der Schmetterlinge genug Futter. Wie schön ist es dann im Sommer: all die schönen Falter, der kleinen Fuchs, das Tagpfauenauge oder der Admiral. Darauf freue ich mich.“ „Mein neues Hobby ist, Ravioli selber zu machen“, meint ihr Mann, den ich unscharf auf meinem Handy erkennen kann.

Gut essen im Homeoffice

Ich koche am Abend ein Brennnesselrisotto, das ich vor Jahren in Italien kennengelernt habe. „Brennnesseln sind gesund, sie haben doppelt soviel Vitamin C wie Orangen, außerdem Eisen und Spurenelemente, gesundes Essen können wir im Moment gut brauchen“, kläre ich den Liebsten auf, als ich Parmesan über das Risotto hoble. „Und zum Gabelfrühstück morgen bekommst du Brennnesselspinat mit brauner Butter und pochiertem Ei.“ „Das Homeoffice hat ja auch gute Seiten“ schmunzelt der Liebste. „An das gute Essen im Büroalltag könnte ich mich gewöhnen.“ Später knete ich den Teig für eine frühlingshafte Brennnesselquiche, mit knusprigem Mürbteig, Topfen und Zitronenschale als Frischekick. Die gibt es morgen zum sonntäglichen Familienessen, allerdings nur für den Liebsten und mich, die Kinder sehen wir in diesen Zeiten nur über den Computer. Als ich die Mittlere auf dem Schirm erkenne, kann ich es mir nicht verkneifen, sie zu bemuttern. „Das sind Brennnessel in der Quiche, der ist für dich als Vegetarierin so gesund, er hat doppelt so viel Eiweiß als Soja!“ „Mama!“ ruft sie lachend, „Du mit deinem Gemüse! Da fehlen ja nur noch die Gänseblümchen als Deko!“ „Gute Idee“, denk ich mir, aber das ist eine andere Geschichte.

Das freizeit-Rezept für April: BRENNNESSELQUICHE

Marktgeschichte Folge 11: Gesundes Unkraut - die Brennnessel

Nicole Ott ist Köchin, Gastronomin und Kochbuchautorin. Am Wiener Kutschkermarkt führt sie das Café Himmelblau.
 

BRENNNESSELQUICHE

ZUTATEN FÜR DEN TEIG (Form von 26 cm Durchmesser): 1 mittleres Ei, 2 EL sehr kaltes Wasser, 250 g glattes Mehl Type W480, 1 TL Salz, 1/2 TL Kristallzucker, 125 g kalte Butter, gewürfelt

FÜR DIE FÜLLUNG: Zwiebel, fein geschnitten, 500 g Brennnesselblätter oder Brennnessel mit Babyspinat gemischt 500 g Topfen, 100 g Milch, 3 Eier, Abrieb von 1 Biozitrone, Olivenöl, Salz, Pfeffer, Muskatnuss

1. Das Eimit demWasser versprudeln. Das Mehl mit Salz und Zucker in einer Schüssel vermischen. Die Butter mit Knethaken in die Mehlmischung rühren, bis die Butterstücke erbsengroß sind. Dann die Eimischung dazugeben und nur so lange kneten, bis sich alle Zutaten zu einem Teig verbinden. (Oder den Teig von Hand kneten). In Frischhaltefolie wickeln und mindestens zwei Stunden kühlen. Die Tarteform mit wenig Butter einfetten. Den Teig 4mm dick ausrollen und die Formdamit auslegen, den oberen Rand sauber abschneiden.

2. Das Backrohr auf 180 Grad Ober/Unterhitze vorheizen. Die Zwiebelwürfel in Olivenöl anbraten, dann die Brennnesselblätter dazugeben und zusammenfallen lassen, gut mit Salz, Pfeffer und Muskatnuss würzen. Den Topfen mit der Milch, den Eiern und der Zitronenschale verrühren, ebenfalls gutmit Salz und Pfeffer würzen. Die Brennnesselmischung zur Topfenmischung geben, kurz verrühren, in die vorbereitete Tarteformfüllen und 50 bis 60 Minuten backen.

TIPP: Um die zarten Blätter zu pflücken, streichen Mutige von unten nach oben, sonst dicke Handschuhe anziehen. Brennnesseln können übrigens gut mit Babyspinat gemischt werden.

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