Ein Glückskeks-Produzent über die Orakel aus Waffelteig

Der junge Glückskeks-Hersteller aus Bayern ist nie um einen Spruch verlegen. Seine Lieblingssprüche, die er in den vergangenen Jahren in tausende Kekse hat backen lassen und im Geldbörserl aufbewahrt? "Es wird nicht leicht, aber Du wirst besser. Wer das Einhorn nicht ehrt, ist den Zauber nicht wert. Leidenschaft ist immer siegreich."
Schenkelklopfer "Made in Bayern"? Die gibt es natürlich auch: "Es gibt Sprüche für jeden Anlass. Wir haben zum Beispiel auch eine Spezial-Edition für Hochzeiten oder eine Erotik-Keks-Serie. Den einen Trend gibt es nicht. Auch Weisheiten wie Konfuzius-Sprüche oder derbe Sprüche haben ihre Berechtigung", erzählt Raphael Schäfer im Interview mit dem KURIER.
Gleich vorweg: Für chinesische Restaurants und Asia-Läden bäckt das deutsche Unternehmen "Bavarian Lucky Keks" in Bad Abbach keine Kekse. Das erledigen Firmen in Osteuropa. Wenn Sprüche keinen Sinn ergeben, dann sparen Firmen an der Qualität und übersetzen schlecht: Google Translate lässt grüßen.
Die Menschen haben zwar Lust auf Glück – das große Geld macht Familie Schäfer mit Geschäftskunden, die Glückskekse mit selbst ausgedachten Sprüchen als Marketingaktion bestellen und an ihre Kunden weiterverteilen. Einmal dachte sich ein Auftraggeber einen besonders witzigen Spruch aus: "Hilfe! Ich bin in einer Glückskeksfabrik gefangen." Nicht jeder Beschenkte verstand den Schmäh: Tatsächlich meldeten sich besorgte Mitbürger bei der Polizei.
Knusprig: zu schade, um es wegzuwerfen

20.000 Stück kommen pro Tag vom Band – große Firmen in den USA schaffen sogar Hunderttausende Kekse. Neben ausgewählten Sprüchen – rund 500 finden sich in der eigenen Datenbank – liegt dem 30-jährigen Firmenchef mit Wiener Wurzeln die Waffelqualität am Herzen: "Wir haben so oft gesehen, dass Leute die Kekse aufbrechen, den Zettel lesen und dann alles wegwerfen. Das ist echt schade. Das Produkt hat so viel Potenzial und soll gut schmecken. Deswegen backen wir den Teig knusprig."
Der Waffelteig entsteht nicht anders als in einer Bäckerei: "Wir mischen Mehl, Zucker und Wasser – keine Eier, der Teig ist vegan – in einer großen Rühranlage zusammen. Dann geben wir noch zwei bis drei geheime Spezialzutaten hinzu. Nach 20 Minuten in der Rührmaschine entstehen 2000 Kekse: Vakuumpumpen portionieren und spritzen den Teig auf kleine Pfannen. Damit der Teig nicht aufgeht, beschweren wir ihn mit Platten."
Durch den fertig gebackenen Rohling drückt eine Maschine schließlich die Glücksbotschaft: "Wenige Sekunden nach dem Backen ist der Teig noch ganz weich, danach wird er knusprig: So können die Kunden das Keks aufbrechen. Wenn man nämlich den Zettel mitbacken würde, würde er am Teig festkleben."
Einzeln verpackt: Gibt es keine nachhaltige Alternative?
Der Teig lasse sich variieren – der Unternehmer überlegt das Einführen von Glückskeksen mit weniger Zucker oder als Fitness-Snack. "Es gibt so viele Möglichkeiten, das reicht auch für kommende Generationen." Obwohl die Kekse in Europa hergestellt werden – in China kennt man Glückskekse übrigens überhaupt nicht – haben sie einen ökologischen Nachteil: Sie werden einzeln in Plastik verpackt.
"Ich bin selbst kein Plastikfreund. Als ich vor zwei Jahren in Indien auf Urlaub war, habe ich die Plastikproblematik in den Weltmeeren selbst gesehen. Wir sehen uns in der Pflicht, aber ich habe die perfekte Lösung noch nicht gefunden."
Nachhaltige Verpackungen würden laut dem Unternehmer Geschmack, Hygiene sowie Mindesthaltbarkeitsdatum beeinflussen: "Ich habe sowohl mit kompostierbaren als auch mit sogenannten Papierverbund-Folien experimentiert, diese bestehen lediglich aus 40 Prozent Kunststoff und dafür zu 60 Prozent aus Papier, aber auch hier leidet das Mindesthaltbarkeitsdatum."
Zumindest auf Aluminiumbeschichtungen verzichtet die Glückskeks-Fabrik bei den Folien, somit können diese in Deutschland in der Gelben Tonne und in Österreich im Restmüll entsorgt werden – danach werden sie verbrannt.
Stressige Zeit im Winter, relaxen im Sommer
Die Zeit vor Weihnachten und Silvester ist laut Glückskeks-Produzenten Schäfer, der die Fabrik von seinem Vater übernommen hat, die stressigste Zeit im Jahr – Hochsaison für Glückskekse. Anders in den Sommermonaten, da ist die Nachfrage geringer und der junge Chef kann mehr Zeit am See verbringen.
Wie es die ersten Wochen im neuen Jahr weitergeht? Schäfer wird so manchen Beschenkten am Telefon beruhigen müssen: "Sie beschweren sich aber dann über ihrer Meinung nach misslungene Sprüche zu Weihnachten und Silvester. Jeder interpretiert die Botschaften eben anders."
Das filigrane Gebäck ist in China vollkommen unbekannt. Die ersten Erwähnungen finden sich in japanischer Literatur aus dem 19. Jahrhundert – aus dem Jahr 1878 existiert sogar ein Foto von einem Japaner, der Glückskekse bäckt. Noch heute gibt es kleine Familien-Manufakturen in der Nähe von Schreinen, die Glücks-Botschaften verbreiten.
Eventuell verkaufte der japanische Einwanderer Makato Hagiwara in seinem Teegarten in San Francisco in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg die ersten "fortune tea cookies". Da japanische Einwanderer Restaurants mit chinesischer Küche führten, verbreitete sich das Gebäck zunächst als lokaler Brauch in China-Restaurants.
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