Der junge Wilde und seine Tiere

Der junge Wilde und seine Tiere
Christoph Kropf ist Quereinsteiger im Bauern-Business und mischt die Szene auf – er pfeift auf Bio-Siegel und auch sonst gehen seine Herangehensweisen so manchem gegen den Strich.

Dass Christoph Kropf ein ungewöhnlicher Bauer ist, merkt man schnell. Erst vor Kurzem hat er zum Abschied von Greti ein eigenes Video mit Fotos von ihr auf seine Facebook-Seite gestellt: „Unsere Greti hat gestern ihre letzte Reise angetreten. Die treuherzige und älteste Seele des Hofes beschützte und leitete die Herde vom ersten Tag an. Nach fast 19 Lebensjahren, davon 6 Jahre bei uns, und 12 Kälbern, durfte sie gestern gehen. Vielen Dank und mach’s gut, meine Große!“

Es gibt aber noch weitaus mehr, das Christoph Kropf ungewöhnlich macht, als ein paar herzliche Abschiedsworte für eine Kuh. Denn eigentlich hat der 27-Jährige ursprünglich Russisch und Französisch studiert, um Lehrer zu werden. Wenn er so lässig mit Jeans, lockerem Pulli und Brille vor einem steht, kann man ihn sich auch gut als Lehrer vorstellen. Und eigentlich war seine Uroma die Letzte aus der Familie, die ihre Felder in Sebersdorf bei Bad Waltersdorf bewirtschaftet hat. Nach ihr wurde alles verpachtet. „Das ist mehr als dreißig Jahre her und die Uroma hat das damals nur zur Selbstversorgung gemacht“, erzählt der junge Bauer. Inzwischen haben alle Familienmitglieder ihre regulären Jobs großteils aufgegeben und arbeiten im Betrieb mit.

Der junge Wilde und seine Tiere

Und der ist gar nicht mehr so klein – wir sprechen hier von dreiunddreißig Hektar Land, die von dem Familienbetrieb bewirtschaftet werden. Irgendwann im Laufe seines Studiums hat Kropf beschlossen, Hochlandrinder anzuschaffen. Dann kamen Schweine und anderes Kleinvieh dazu. Die ersten zwei Jahre hat er sich alles selbst angelernt – „Learning by Doing“ – und hat dann die Landwirtschaftsschule nachgemacht. „Ich habe angefangen, Maschinen zu kaufen und die Äcker zu bewirtschaften – irgendwann stand ich vor der Entscheidung: Entweder ich muss reduzieren und normal arbeiten gehen oder ich setze ganz auf die Wirtschaft.“

Hofladen

Heute bekommt man in seinem Hofladen alles von Milch, Eiern, Geselchtem über saisonales Gemüse und Obst bis hin zu Marmeladen und Mehlspeisen. Und hier kommen wir zur nächsten ungewöhnlichen Information über Christoph Kropf: Er bäckt nämlich alles selbst – vom Krapfen über Osterstriezel bis zu den Weihnachtskeksen. „Die Mehlspeisen mache ich persönlich – ich habe immer schon gerne gebacken – und da darf auch keiner dazugreifen“, ist er streng.

Sein Erfolg spricht für ihn, immerhin lebt die Familie hauptsächlich vom Verkauf von Gemüse und den Mehlspeisen. „Den Leuten gefällt es, weil es so bodenständig ist. Sie lernen wieder, was saisonal verfügbar ist und dass es im Dezember keine Tomaten gibt. Ich lege auch keinen Wert auf Schickimicki, sogar die Etiketten auf unseren Produkten sind handgeschrieben.“ Neben seinem Hofladen sind seine Produkte nur im lokalen Supermarkt vertreten: „Ich lasse mich nicht gerne dirigieren – sei es preislich oder wie ich etwas mache.“

Die Neider

Wenn Kropf über seinen Betrieb spricht und sagt, dass er keine Konkurrenz hat, könnten Neider ihn für arrogant halten – dabei geht er es sehr pragmatisch und bescheiden an: „Bei uns überzeugen sich die Leute selbst, ich arbeite sehr offen. Die Gehege sind im Freien und jeder kann sehen, wie meine Tiere leben. Wenn es Unkraut am Acker gibt, dann ist das eben so.“ Deswegen verzichtet er auch auf Bio-Siegel und dergleichen. „Da müsste ich mit dem Preis mindestens aufs Doppelte raufgehen – 16.000 Euro im Jahr für Bio-Kontrollen ist mir zu viel.“ Seine Schweine und Kühe sind ganzjährig draußen, die Felder werden nur im äußersten Notfall gespritzt. „Davon kann sich jeder selbst überzeugen.“

Allerdings kommen seine Methoden nicht bei allen gut an. „Der Neid ist groß, weil ich es anders mache und es trotzdem funktioniert“, glaubt Kropf, weil er es sich nicht anders erklären kann: Ihm wurden schon Zäune durchgeschnitten, Tiere wurden rausgelassen oder sogar vergiftet. „Ich bin es schon gewohnt, dass immer wieder etwas passiert. Jeder hat sein System und man könnte ja jeden auch einfach machen lassen.“ Aber als einziger Neuer, der es anders macht, fällt man einfach auf. „Hier im Ort bin ich der letzte Junge, sonst haben alle aufgehört.“ Dem Nachwuchs wird es offensichtlich auch nicht gerade leicht gemacht.

Dabei wäre Kropf froh und dankbar über mehr Austausch mit Gleichgesinnten. „Durch die Wirtschaft hat sich mein Freundeskreis sehr geändert. Als meine Cousine ihren Vierziger gefeiert hat, konnte ich nicht dabei sein, weil der Tierarzt wegen eines Notfalls hier war.“ Der moderne Bauer geht mit seinen Tieren eben durch dick und dünn.

Bald auch Kurse

Nebenher werden die Kunden via Facebook mit den neuesten Fotos vom Hof auf dem Laufenden gehalten (facebook.com/bestesvombauernhof). Da kann man den Radieschen beim Wachsen zusehen, die frischgeborenen Ferkel beim Saugen bewundern und wenn es neue Kühe gibt, dürfen die Kunden den Namen aussuchen. „Das gefällt den Leuten und es macht auch einen Unterschied, wenn sie wissen, welche Kuh jetzt geschlachtet wurde. Deshalb schätzen sie auch den Preis.“ Für ein kleines Osterkörbchen mit einem Kilo Osterschinken, einem Paar Selchwürstel, Kren und sechs Ostereiern zahlt man dreißig Euro.

An Ideen für künftige Projekte mangelt es dem jungen Wilden jedenfalls nicht: „Wir wollen Kurse machen, wo man lernt, wie man einlegt, wie man etwas vom Samen bis zur Ernte anbaut und natürlich soll es auch Backkurse geben.“ Genug Nachfrage gebe es jetzt schon, „vor allem bei den Leuten Fünfzig plus ist das Interesse groß.“ Also doch Lehrer. Nur anders.

Rezept

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