Esperanto mit Emotionen

Wer mag sie nicht? Aber sind Emojis wirklich die Sprache der Zukunft?
Sie sind bunt, kindisch, frech und zahlreich - und werden bald noch mehr: Emojis, jene digitalen Zeichen, die sich aus dem Urahn aller Smileys entwickelt haben - dem Strichmännchen :-)

Wer ausgiebig simst oder am Smartphone den MessengerWhatsApp“ verwendet, ist voll dabei. Bildchen wie ein stolz geschwellter Daumen, ein Pizzastück oder ein Bierkrug sagen im Bruchteil einer Sekunde mehr als ein paar Worte. Stichwort Emoji. Auf der Klaviatur unserer Gefühle treffen diese bunten Zeichen via E-Mail, Chat oder SMS total ins Schwarze. Mehr noch. Über Sprachgrenzen hinweg bringen sie auf den Punkt, was sonst für babylonische Sprachverwirrung sorgen könnte.


Ob „Emoji“ (japanisch Für „Bilderbuchstaben“) oder Emoticon (ein Mix aus „Emotion“ und „Icon“), die gefühlsduseligen Zeichnungen sind die gefühlvoll aufgeladenen Hieroglyphen des digitalen Zeitalters. Sie sind im Begriff, unsere Kommunikation massiv und nachhaltig zu verändern. Im Eiltempo. Vor mehr als einem halben Jahrhundert wurde das Smiley erfunden: zur Auflockerung des Betriebsklimas in der Arbeitswelt. Vor gut 20 Jahren legte durch die massenhafte Nutzung von SMS unsere Art des zwischenmenschlichen Austauschs einen Gang zu. Und nun „drohen“ via Emojis spaßige Piktogramme unsere Sprache vom Kopf auf die Beine zu stellen.

Vor kurzem erst hat sich die ursprünglich für einen japanischen Mobilfunkanbieter entwickelte Bildersprache in unsere Alltagssprache eingeschlichen. Ende der 1990er-Jahre waren mit Symbolen für unterschiedlichste Gesichter, Tierarten, Pflanzen, Verkehrsmittel oder Musikinstrumente gerade einmal 176 Emojis definiert. Bis Oktober 2010 war ihre Anzahl auf 722 angewachsen. Ein Klacks im Vergleich zu einer herkömmlichen Sprache: Die deutsche etwa kennt 5,3 Millionen Wörter.


Aber die Emojis holen auf. Im Zeichensatz Unicode 7.0 finden sich derzeit 2.834 Zeichen. Damit lässt sich schon mehr ausdrücken als „eine Geburtstagstorte“ oder „Daumen hoch“. Und ihre Zahl wächst weiter. 38 neue Zeichen haben es jüngst auf die Auswahlliste für das Jahr 2016 geschafft. Darunter finden sich Zeichen für viele Lebenslagen, etwa eines für Selfie, Schwangere, ein Croissant, eine Gurke oder eine Avocado.
Über die Lebensmittel mögen sich jene freuen, die mehr Farbe in die Routine eines Einkaufszettels bringen wollen. Aber auch alle, die gerne auf den Punkt bringen, was häufig genug zerredet wird.


Worte trennen, Bilder verbinden, war schon das Motto von Otto Neurath (1882-1945). Zu einer Zeit, als Sigmund Freud durch einen Blick in unsere Seele hinter unser Geheimmnis kommen wollte, ersann der Wiener Nationalökonom und Wissenschaftstheoretiker eine Fülle von Zeichen, um eine Verbesserung unserer Kommunikation durch deren Visualisierung zu erreichen. Ergebnis waren zahlreiche Piktogramme, die als „Wiener Methodik der Bildstatistik“ in die Geschichte eingingen. Und in den Alltag. Ohne Piktogramme wie „Rolltreppe“, „Ausgang“ oder „Information“ wären wir in fremden Städten längst orientierungslos. Über Sprachgrenzen hinweg helfen sie uns, den Alltag leichter und zügiger zu bewältigen.


Kommunikationsforschern zufolge ist die Erfolgsgeschichte der Emojis auf zwei Ursachen zurückzuführen. Zum einen füllen sie durch mitunter kindische Gesten das emotionale Loch, das E-Mails, SMS, Tweets und Facebook-Postings hinterlassen. Mit anderen Worten: Ihr Gute-Laune-Faktor ist nicht zu unterschätzen. Zum anderen hilft ihre Eindeutigkeit, keine Zeit zu verschwenden.

Man kennt das ja. Das lästige Hin und Her im E-Mail-Verkehr kommt oft genug einzig dadurch zustande, dass man ständig aneinander vorbeiformuliert. Ein knappes Telefonat oder ein kurzes Gespräch unter vier Augen würde so manche Irritation sofort beheben. Die Technik, die man rief, muss man eben erst beherrschen lernen. Und das machen immer mehr Menschen. Laut der Website emojitracker.com wurden seit Juli 2013 mehr als acht Milliarden Emojis verschickt. Tendenz steigend. Das beliebteste Symbol der Welt ist dabei das lachende Gesicht mit Freudentränen.


Apropos Emojis sind kindisch. Sie mögen nerven, aber sie vermögen jedenfalls eines: die Kluft zwischen den Generationen zu überbrücken. Zumindest scheinen Menschen über 60 genauso viel Gefallen an Emojis zu finden wie Teenies. Oder, wie es die Mit-Dreißigerin Bianca Schwarzjirg ausdrückt: „Ich finde es ja suuuper lustig, wie unsere Eltern-Generation auf Emojis reinkippt! ;-)

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