Eric Clapton: Der Bluesbruder
Der Mann hat den Blues. Immer schon. Denn in den Verdacht, ein Spaßmacher zu sein, kam Eric Clapton tatsächlich noch nie. Dem Gitarrengott, der sein 50-jähriges Bühnenjubiläum schon seit 24 Monaten hinter sich hat, kommt in der Öffentlichkeit eigentlich nie ein Lacher aus. Wobei der Musiker, der so viele Höhen und Tiefen durchlebte, dass es für drei Menschenleben reicht, durchaus Sinn für Selbstironie hat. Bevor ihn andere „Alter Sack“ schimpfen, nannte der bald Siebzigjährige sein bisher jüngstes Album gleich selbst „Old Sock“. Sein 21. Studioalbum. Ein guter Schnitt für eine Karriere, die zwei mehrjährige drogenbedingte Pausen beinhaltet. Auf dem quasi aktuellen Streich finden sich Coverversionen seiner Lieblingslieder von der Kindheit bis heute. Ob er eines davon auch bei seinem Gastspiel in der Wiener Stadthalle anstimmen wird, ist fraglich. Denn der Mann hat zu viele Hits im Talon, als dass er die letzte Ernte unter die Leute bringen muss.
Zur objektiven Einschätzung seiner Strahlkraft: Der Mann hinter den Superhits „Crossroads“, „Layla“, „Tears In Heaven“ und „Wonderful Tonight“ ist 20-facher Grammygewinner und als einziger Musiker der Welt dreifaches Mitglied der „Rock and Roll Hall of Fame“.
In der Reihung der „100 Greatest Guitarists of All Time“ der US-amerikanischen Musikzeitschrift „Rolling Stone“ liegt Eric Patrick Clapton seit Jahren mindestens unter den Top Five. Aber Ruhm ist nicht das, worauf E.C. aus war. „Ich wollte mit absoluter Sicherheit immer der verdammt nochmal beste Gitarrist sein! Das wollte ich“, sagte Clapton vor ziemlich genau vier Jahren in einem Interview mit der „Süddeutschen Zeitung“.
Längst genießt „Mr. Slowhand“ seinen Ausnahmestatus. Mit Ausdauer. Denn so allein auf weiter Flur durfte er sich früher nicht fühlen. Da spielten ihn mitunter Kollegen wie Jimi Hendrix, Jeff Beck oder Jimmy Page von Led Zeppelin an die Wand. Diese Konkurrenz und der übermäßige Genuss harter Getränke und Drogen ließen ihn beinahe verzweifeln. Als sein Sohn Conor vor 23 Jahren aus dem 49. Stock eines Hauses in Manhattan stürzt, bricht Clapton zusammen und wird in die Psychiatrie einge- liefert. Mit „Tears in Heaven“ schreibt er sich alles Leid von der Seele – und schafft ein beispielloses Comeback. Positiver Nebeneffekt: Diese Tragödie war für ihn ein weiterer Ansporn, clean zu werden. Seit 2007 veranstaltet Clapton alljährlich in den USA ein dreitägiges Gitarrenfestival mit prominenter Mithilfe von Kollegen wie Carlos Santana, John Mayer oder Robert Cray, um Geld für den Betrieb seiner Drogenklinik auf der Karibikinsel Antigua aufzutreiben. Die Klinik trägt den Namen seines ersten Hits – „Crossroads“ – und ist mehr als nur ein Selbstzweck. „Meine Vision war es, ein Zentrum auf höchstem Niveau zu errichten, um Menschen in der Karibik und der ganzen Welt zu behandeln“, schreibt er auf der Homepage des „Crossroads Centre“. Was bei seinem Konzert in Wien zu erwarten ist? Ein Abend mit einem waschechten Bluesman. Nicht zufällig heißt es im Finale seiner 2007 erschienenen Autobiografie „Clapton“: „Bei unseren letzten Begegnungen nannte Muddy Waters mich seinen Adoptivsohn und trug mir auf, das Vermächtnis des Blues in Ehren zu halten, und ich versicherte ihm, ich werde mein Bestes tun.“ www.ericclapton.com
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