Lasst die Puppen tanzen

Lasst die Puppen tanzen
Mehr als fünfzig Jahre nach Erfindung des giftgrünen Puppenspiels kommt mit „Muppets Most Wanted“ ein neuer Film mit Kermit, Miss Piggy, Gonzo & Co ins Kino.

Österreich braucht mehr Balkon-Muppets“, forderte der Chef des Sonntag-KURIER vor einigen Monaten. Bitte sehr, hier sind sie – und zwar nicht nur am gewohnten Platz in der Loge. Mehr als ein halbes Jahrhundert nach Erfindung des giftgrünen Puppenspiels zeigt sich das Erbe des 1990 verstorbenen „Muppets“-Masterminds Jim Henson vitaler und weltgewandter denn je. Der Kinofilm „Muppets Most Wanted“ führt Frosch Kermit, Rampensau Miss Piggy, Gonzo & Co von Sibirien bis Spanien – vom finsteren Gulag bis in glänzende Schatzkammern. All das mit brisantem Background: Ein Kermit-Doppelgänger, so die Story, nutzt die Show als Deckmantel für exzessiven Juwelenraub. Natürlich – stets Spezialität der anarchischen Plüschbande – wird diese gewitzte Krimi-Parodie mit extensiven Gastauftritten gewürzt. Superstars wie Lady Gaga und Salma Hayek und Stars wie Christoph Waltz und Til Schweiger machen den grellbunten Kultfiguren ihre Aufwartung.

Die Arschkarte hat dabei der Neo-„Tatort“-Kommissar gezogen. Dem Hollywood-Klischee entsprechend, mimt der Blonde aus Freiburg im Breisgau den bösen Deutschen. In einer in Berlin spielenden Szene beordert er der Frosch in den Arrestantenwagen. Immerhin absolviert Schweiger diesen Sekundenauftritt mit sichtlicher Selbstironie. Christoph Waltz traf es besser. Er darf – Überraschung! – beim Walzer-Tanz überzeugen. Allerdings nicht an der Seite von Miss Piggy sondern von Zottelmonster Sweetums. Pech, weder Gags wie diese noch die Top-Komiker Ricky Gervais und Tina Fey in den Hauptrollen lockten das US-Publikum in Scharen ins Kino. Mit eingespielten 17 Millionen Dollar blieb „Muppets Most Wanted“ am Startwochenende weit unter den Erwartungen. Jetzt muss das gute alte Europa ran, und für den Disneykonzern – zu dessen Stall die Muppets seit einigen Jahren gehören – retten, was zu retten ist.

Kein Problem, immerhin fühlen sich die Muppets in Europa wie zu Hause. Es war ja auch London, von wo aus die „Sesamstraße“-Ableger Muppets ihren frechen Siegeszug um die Welt gestartet haben. So erklärt sich, warum Kermit jüngst bei der Einladung ins Weiße Haus so selbstbewusst auftrat. Mit den Worten „Das macht man so in Europa“ drängte er der First Lady seinen trockenen Handkuss geradezu auf. Und Michelle Obama? Sie hauchte irritiert: „Sehr ausgefallen.“ So sind sie eben, die Muppets. Sehr ausgefallen.

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