Dank Virus ein Hit: Schwarzenegger macht Schach zum Spiel des Jahres
Als der Schrecken des Corona-Virus mit einem mathematischen Beispiel erklärte wurde, klingelte es bei passionierten Schachspielern: exponentielles Wachstum, da war doch was? Richtig. Der Legende nach steht diese Form der Steigerung nämlich am Beginn des Spiels der Könige. Als vor gut 1400 Jahren der Ratgeber des indischen Königs Shiram diesen Zeitvertreib auf 64 Feldern erfand, soll besagter Sissa ibn Dahir einen Wunsch frei gehabt haben. Der Brahmane wollte nur Weizenkörner. Und zwar eines für das erste Feld, zwei für das zweite und so weiter.
18,4 Trillionen Körner
Der König schmunzelte über diese Bescheidenheit. Als aber die Zahl für das allerletzte Feld feststand - 18,4 Trillionen Körner - war ihm das Lachen vergangen. Bei dieser Art der Verdoppelung hätten sämtliche Kornkammern Indiens zu wenig zu bieten.
Eine schöne Anekdote, auch weil sie andeutet, wie viele unterschiedliche Arten es beim Schachspiel gibt, zu gewinnen. Oder zu verlieren. Und überhaupt. Schon im ersten Zug hat Weiß 20 Züge zur Auswahl. Und Schwarz eben so viele Antwortmöglichkeiten. Kein Wunder, dass Schach mehr als ein Spiel oder ein Sport ist. Das Spiel mit den 16 Figuren ist zugleich eine Kunst und eine Wissenschaft. Und seit den Zeiten der Quarantäne (wieder) ein perfekter Zeitvertreib.
Die Zeit, die man jetzt durch den verordneten Rückzug gewinnt, könne man dafür verwenden, hier wieder ins Spiel zu kommen. Meint etwa Arnold Schwarzenegger. Und der Schauspieler, Ex-Gouverneur von Kalifornien und siebenfache Mister Olympia zeigt auf Instagram auch gleich, wie er sich das vorstellt: mit Schachpartnerin Lulu (ein Esel!) bei einer Partie am Küchentisch. "Sie ist nicht gerade die Beste, aber es wird schon", fügte er augenzwinkernd hinzu.
Terminator am Brett
Köstlich! Aber, kein Schmäh, der "Terminator" ist auch in dieser Disziplin schwer zu bezwingen. "Ich spiele, seit ich acht Jahre alt bin", sagte er einmal in einem Interview mit dem Internetportal "Chessbase.de". Sein Vater forderte den ehemaligen Bodybuilder täglich. Nach dem Umzug in USA änderten sich für Schwarzenegger die Gegner, aber nicht die Ambition.
Ob im Gym oder am Set, es spielen doch mehr Leute Schach als man glaubt. Selbst unter den Stars. Gegen Humphrey Bogart musste sich sogar Großmeister George Koltanowski anstrengen, Serge Prokofieff schlug einmal Weltmeister Capablanca und auch John Lennon sagte man im Schachduell mit Yoko Ono eine gewisse Stärke nach.
Der beste Spieler Österreichs
Warum man normalerweise davon gar nichts merkt? Markus Ragger, Österreichs bester Schachspieler, hat eine Erklärung dafür. "In Schachpartien spielen sich weniger als fünf Prozent der ,Action' am Brett ab, die restlichen 95 Prozent bleiben in den Köpfen der Spieler."
Dafür eignet sich Schach gerade jetzt zu 100 Prozent als idealer Zeitvertreib, besonders im Internet. "Für das Schachspiel ist der Internet das ideale Medium", meint auch Markus Ragger. "Man kann jederzeit auf einer Online-Plattform gegen einen passenden Gegner spielen." Dazu gäbe es auf YouTube kostenlose Trainingsanleitungen von Spitzenspielern.
Let's blitz!
Ob für Anfänger oder für beginnende Meister, mit ein wenig Aufwand findet sich im Internet oder auf der Plattform YouTube für jede Spielstärke eine passende Unterstützung. Markus Ragger: "Das vielleicht spannendste derzeit für Schachfans ist der sogenannte Banter Blitz, eine Version des Blitzschachs. Ein starker Großmeister streamt sein Online-Blitzen und erklärt zugleich, was ihm gerade durch den Kopf geht. Weltmeister Magnus Carlsen hat auch schon mehrere dieser Videos aufgenommen. Ein Format, das den sofortigen Blick in die Gedankenwelt der Spieler ermöglicht."
Magnus Carlsen gegen Bill Gates, der weltbeste Schachspieler gegen den wohlhabendsten: Ein Partie, die schon nach einer Minute und 19 Sekunden beendet war. Auch das ist ein Video, das Laien auf dem Sprung zum Experten auf die Sprünge helfen kann.
1. Internet-Schach-Meisterschaft
Am Samstag jedenfalls startet um 20 Uhr die 1. Österreichische Internet-Schach-Meisterschaft, der vermutlich einzige sportliche Wettbewerb, der derzeit in Österreich abgehalten wird. "Besondere Zeiten brauchen besondere Maßnahmen", so der Österreichische Schachbund zur Überbrückung der momentanen Turnierflaute. Freunde des Spiels wird es freuen. Mit "ChessBase" wurde ein Organisator und Sponsor gefunden, der mit seinem Server "Playchess" die nötige Plattform zur Verfügung stellt.
Bis 25. April sind vier Vorrunden anberaumt. Der Termin für das Finale ist noch offen, aber fest steht, dass im Rahmen einer 100-Jahr-Feier des Österreichischen Schachbunds gespielt wird. Und wo? "Turnierort" ist das "Wilhelm-Steinitz-Stadion" am Playchess-Server.
Insgesamt stehen Sachpreise von rund 4000 Euro zur Verfügung. Eigentlich beschämend für ein Land, das mit dem in Prag geborenen Wilhelm Steinitz (1886-1894) den allerersten Schachweltmeister der Geschichte stellt. Der 29-jährige Norweger Magnus Carlsen ist seit 2013 amtierender Schachweltmeister. Sein "Magnus Carlsen Tournament", ebenfalls im Internet, startet am 18. April. Und bei dem geht es um insgesamt 250.000 Euro.
Den Bewerb des Weltmeisters will auch Markus Ragger mitverfolgen. "Da jetzt alle anderen Turniere abgesagt sind, wird es nochmals spannender", verspricht er sich davon. Zuvor aber nimmt er an der heimischen Meisterschaft teil und animiert dafür noch alle anderen Schachfreunde: "Somit hat jeder Spieler die Möglichkeit, sich mit mir zu messen."
Hat Markus Ragger noch ein paar Tipps, um sich darauf vorzubereiten, oder überhaupt den Einstieg ins Schachspiel zu schaffen?
"Die besten Plattformen, um im Internet Schach zu spielen, sind www.chess.com, www.lichess.org und www.schach.de; da gibt es jeweils auch Apps dazu." Ein Schachcomputer sei dafür nicht nötig. Ragger: "Man kann auf diesen Seiten auch ohne Software unkompliziert im Browser spielen, Schachaufgaben lösen und vieles andere machen. Einfach ausprobieren und viel Spaß dabei!"
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