Apfel mit Biss

Apfel mit Biss
Ob iPod, iPhone oder iPad – Computergigant Apple hat unseren Alltag revolutioniert. Aber was ist das nächste „große Ding“ der Firma aus dem Silicon Valley? Wartet bei der „Keynote“ am Montag eine neue Sensation? Und was macht den Konzern überhaupt zur Kultmarke? Ein Blick ins Labor der frühen Apple-Jahre gibt Antwort.

Blicken wir zurück. Nur etwas. Nein, etwas mehr. 1983 ersetzte beim traditionellen ersten Time Magazin-Cover des Jahres der Personal Computer den obligatorischen „Mann des Jahres“. Ein Novum. So richtig persönlich aber wurde der Computer erst ein Jahr später, mit dem Apple Macintosh. Er grüßte freundlich mit „hello“ und sah irgendwie auch freundlicher aus als die anderen Rechner, die da bereits zu kaufen waren. Der Computermarkt war damals etwas für Profis und für Bastler. Damit sich das ändert, hatte Apple-Mitgründer Steve Jobs schon zwei Jahre zuvor den Kontakt zu einem Industriedesigner aus dem verschlafenen deutschen Schwarzwald aufgenommen.

Hartmut Esslinger, Sony-geschulter Gestalter der vorbildhaften Designsprache von Apple, war dieser Mann. In dem Bildband „Genial einfach. Die frühen Design-Jahre von Apple“, erzählt er die Geschichte seiner Zusammenarbeit mit Steve Jobs, dem visionären und eigenwilligen Chef des heute unglaubliche 247 Milliarden US-Dollar schweren Computerkonzerns aus Cupertino, California. Steve Jobs war gerade einmal 27 Jahre alt, als die fruchtbare Kooperation des amerikanischen Vordenkers des Computerzeitalters mit dem um zehn Jahre älteren Designer aus Deutschland begann. Das Valley, in dem sich die beiden ab 1982 regelmäßig an der US-Westküste trafen, war noch nicht vorwiegend von Unternehmen der Hightech-Industrie, sondern ebenso unübersehbar von Obstplantagen gesäumt. Computer füllten entweder ganze Räume oder waren klobige, graue, komplizierte Kästen, an die sich vorwiegend Nerds mit dicken Brillen herantrauten. Und sie sahen nicht aus wie etwas, mit dem man sich freiwillig stundenlang beschäftigt.

Apfel mit Biss
aus dem Buch "Genial Einfach - Die frühen Design-Jahre von Apple" von Winfried Stürzl (Presse- und Öffentlichkeitsarbeit) arnoldsche ART PUBLISHERS neue Anschrift | new address Olgastraße 137 D-70180 Stuttgart Tel.: +49 (0)711 645618-15 Fax: +49 (0)711 645618-79 www.arnoldsche.com

Arbeitsplatz mit System: Entwurf einer "Lisa-Workbench", 1982

Esslinger war es, der den designaffinen Auftraggeber aus Amerika dazu brachte, einen alten Bauhaus-Grundsatz weiterzudenken: Statt des strengen Leitmotivs „form follows function“ – „Die Form folgt der Funktion“ – war nun das lustbetonte „form follows emotion“ angesagt. Die Gestalt darf Gefühle zeigen. Ein tiefgehender Wandel, der auch von Chronisten dieser euphorischen Anfangstage des PC-Zeitalters registriert wurde. Michael Moritz, zu dieser Zeit noch Time-Redakteur in San Francisco, sollte später in „Apple: Die Geburt eines Kults“ (Börsenbuchverlag) festhalten: „Steve hat mehr als irgendein anderer Mensch die moderne Elektronik in Objekte der Begierde verwandelt.“ Der Autor des spannenden Klassikers der modernen Wirtschaftsgeschichte trifft es auf den Punkt. Egal, ob vor 30 Jahren der erste Macintosh oder heute die Apple Watch, irgendwie scheinen diese Erfindungen den Konsumenten mehr als andere direkt und persönlich anzusprechen: „Nimm mich, spiel mit mir, schmück dich mit mir!“

Nicht alle freilich. Zuerst war es lediglich eine Randgruppe, die diese Apple-Anmache zuließ. Jene, die sich wie Steve Jobs als Andersdenker, Querdenker und Mehrdenker verstanden, waren besonders anfällig für die neuen Botschaften. ,Es ist am besten, nicht so zu denken wie alle anderen“, ist nicht zufällig einer der meist zitierten Slogans des vor vier Jahren früh an den Folgen einer Krebserkrankung verstorbenen Steve Jobs. Ein anderer ist, frei nach Steve McQueen: „Stay hungry, stay foolish“ („Bleib hungrig und tollkühn“).

Amüsant in diesem Zusammenhang ist, dass ein Kind, das damals als Augenzeuge ganz dicht dran war, mit diesem jugendlichen Zugang so gar nichts anfangen wollte. Marc Esslinger, Sohn von Apples Design-Guru, erinnert sich: „Ich war elf Jahre alt, spielte Space Invaders auf einem Apple und schlief in Apple-Bettwäsche. Unten in unserem Haus saß Steve Jobs noch spätnachts mit meinem Vater über Handskizzen undStyropormodellen, die Beatles spielten Revolution aus einer sündteuren Yamaha-Anlage, und ich dachte mir: warum kann mein Vater keinen anständigen Beruf haben wie die Väter meiner Klassenkameraden: Lehrer, Versicherungsvertreter oder Graveur etwa?“
Heute gibt es vermutlich keinen Arbeitgeber auf der ganzen Welt, der bei einschlägigen Jobsuchern begehrter ist, als Apple. Jüngst wurde der Computer-Konzern nach kurzem Einbruch erneut zur wertvollsten Marke der Welt gekürt – dank des ungebrochenen Verkaufserfolgs seines iPhone6.
Alles eitel Wonne in Cupertino also? Und wie! Dennoch wird Tim Cook, Nachfolger von Steve Jobs, am kommenden Montag bei seiner mit Spannung erwarteten „Keynote“-Grundsatzrede auf der Entwicklerkonferenz „World Wide Developers Conference“ (WWDC) in San Francisco erneut Schwarz tragen. Wahrscheinlich nicht wie der einstige Apple-Boss einen einfachen Rollkragenpullover, sondern ein schlichtes Hemd.
Aber eigentlich ist es sogar egal, ob neben dem Betriebssystem eine neue Katze aus dem Sack gelassen wird. Denn inzwischen genügt es dem Konzern, sich selbst zu genügen. Oder, wie es Apple-Designer-Guru Esslinger früh formulierte: „Es reicht nicht, etwas zu machen, das aussieht wie Apple, man muss sein wie Apple.“

Die Kultmarke ist wieder voll da. im Brand Z-Markenwert-Ranking des Marktforschungsunternehmens Millward Brown steht Apple vor Google und Microsoft auf dem ersten Platz. Mit Abstand! Der Hard- und Softwarekonzern aus Cupertino erhöhte seinen Markenwert um satte 67 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mit 247 Milliarden US-Dollar liegt Apple damit einsam an der Spitze. Google folgt mit rund 178 Milliarden US-Dollar schon abgeschlagen auf Platz 2, vor Microsoft mit 115 Milliarden Dollar. Auf den weiteren Plätzen: IBM, Visa, AT&T, Verizon, Coca-Cola, McDonald’s und Marlboro.

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