Circus Roncalli
Dieser Zirkus kitzelt die Kinderseele. Gelächter, Staunen und Bewunderung verbrüdern sich, wenn der Circus Roncalli in der Stadt ist: Mit „Time Is Honey“ in der nostalgischen Zeltstadt mit originalgetreu restaurierten Zirkuswagen auf dem Wiener Rathausplatz. Bei Kasperliaden und Akrobatik, Spieldosen-Zauber und fliegenden Körpern, ist die große Illusion als „Magical Mystery Tour“ die Schwester des Wunderbaren. Und das Seltsame und Sonderbare der Freund vom Aberwitz. Pointiert formulierte einst der Literatur-Nobelpreisträger George Bernard Shaw: „Wer sich nichts daraus macht, in den Zirkus oder ins Theater zu gehen, ist weder Christ noch Heide, sondern ein Idiot!“
„Time Is Honey“ beginnt mit Zeit und Zufall, einem Zauber aus Licht und Schatten des jungen spanischen Magiers Sergi Buka, der unmissverständlich klar macht, dass die Uhren an diesem Abend anders ticken. Dass die Reise an einen Ort des Träumens geht. Neben einem Großaufgebot an Clowns vom tollpatschig-schelmischen Oriol über den Weißclown Gensi, der auf seiner Geige sehnsuchtsvolle Melodien spielt, bis zum russischen Komiker-Duo Eddy & Anatoli turnen die Rokashkovs am Reck. Manches kommt als ein Hoppla der Überraschung daher, anderes als eine melancholische Fermate, als ein Moment der Besinnlichkeit.
Manege frei für die Familie: Auch die drei Kinder von Bernhard Paul stehen als
„Les Paul“ in der Manege und präsentieren ihre Rollschuhakrobatik
„Der Zirkus ist die einzige nicht an Lebensjahre gebundene Freude, die man für Geld kaufen kann“, fand schon Ernest Hemingway. Und „Time Is Honey“ ist wie jedes Programm in fast 40 Jahren Circus Roncalli „ein wohlüberlegtes Spiel mit Emotionen“, das die Schwerkraft ebenso wie die Gesetze der Logik zu ignorieren scheint, vor allem aber ein Experiment der Entschleunigung für Zirkusdirektor Bernhard Paul. Der wünscht sich primär eines: Dass die Institution Zirkus mit dem Zauber des Equilibristischen und Zirzensischen eines Tages Weltkulturerbe werde. Jonglagen mit Reifen und Fußbällen, die Performance der Luftzwillinge, ein entzückendes Pferdeballett, eine Liebesgeschichte auf und an meterlangen von der Decke hängenden Tüchern, das Trio Laruss mit ihren goldfarben bepinselten Körperskulpturen, tanzende Zigarrenkisten, die Dressur eines einsamen Schmetterlings: Die Attraktionen haben etwas von der Sinnlosigkeit und zugleich Schönheit von Seifenblasen, die nur dazu da sind, dahinzuschweben, uns zu erfreuen und dann plötzlich zu zerplatzen. Bernhard Pauls Kinder Vivian, Adrian und Nesthäkchen Lilian haben mit Jemile Martinez eine rasante Rollschuhnummer kreiert. Auf engem Raum, in atemberaubender Geschwindigkeit kreiseln Les Paul auf einem kleinen runden Podest und zeichnen grazile Figuren in die Luft. Ein Höhepunkt der dramaturgisch fein ausbalancierten Show ist schließlich das „Entschleunigungs-Mikado“, bei dem der Amerikaner Andreis Jacobs Rigolo 13 Palmäste auf einer Feder zu einer schwebend leichten Skulptur arrangiert. Als wäre die Schwerkraft außer Kraft gesetzt. Als wäre eine neue Dimension des Gleichgewichts erreicht. Als würde die Zeit stillstehen.
Der Circus Roncalli auf Tour:
11. 9.– 5. 10. Wien, Rathausplatz;
25. 10.–16. 11. Graz;
22. 11.– 13. 12. Linz;
Karten 16 – 65 €
☎ 01/ 3 555 666 oder 01/58885 oder 01/960 96
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