Romantik-Sprengmeister
Hochzeits-Hangover auf Mallorca. Wir lagen wie Burn-out-Pantoffeltiere in der Landschaft. Es war ein ergreifendes Fest gewesen. Meine Freundin hatte ihrem Neo-Gatten ein Liebesgedicht von Erich Fried vorgetragen. „Ich habe einen Trick“, hatte sie mir im Vorfeld verraten, „um den totalen Gefühlsdusel zu verhindern. Ich denke beim Aufsagen daran, dass ich den Kühlschrank dringend einmal ausräumen muss, und an den wahnwitzigen Kostenvoranschlag für die Geschirrspüler-Reparatur.“ Während sie also vor 200 Menschen davon sprach, dass sie endlich jemanden gefunden hatte, der Saiten in ihr zum Schwingen brachte, von deren Existenz sie bislang nichts geahnt hatte, und an ihren Kühlschrank dachte, läutete in der mucksmäuschenstillen Hochzeitsgesellschaft ein Handy. Der Klingelton war ebenfalls durchaus unpassend: Die Titelmelodie des „Paten“. Vielleicht hatte der Bräutigam ja seinen Antrag einst mit den Worten „I'll make you an offer you cannot refuse ...“ eingeleitet? Wie wir ja von ähnlichen Vorfällen im Dunkel des Theatersaals wissen, verharren die Besitzer der störenden Geräte oft so regungslos wie Mäuse vor einer Klapperschlange, um durch die Schreckensstarre den Verdacht meilenweit von sich zu lenken. Das gelang beim ersten Mal, beim knapp darauf folgenden zweiten Anruf war allen klar, dass es sich bei dem Romantik-Sprengmeister um den Ex-Lebensabschnittspartner der Braut handelte. Woody Allen hätte diesen Moment nicht besser inszenieren können, Sigmund Freud ihn als die logischste Sache der Welt empfunden. Ansonsten war er auch einen weiterer Beweis dafür, dass Drama und Komödie oft nur eine Kolibrizungenlänge voneinander entfernt liegen. Die Braut bewies übrigens Herz für ihren Ex. Beim Abschied flüsterte sie ihm zu: „Bessere dich bloß nicht!“
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