Die rosa Geisteskrankheit

Warum Verliebtsein richtig Stress macht.

Es ist zum Knochenkotzen", sagte meine Berliner Freundin C, "ich bin sowat von verliebt." Ich verstand sie nicht. Verliebtsein ist doch etwas Herrliches. Man benimmt sich wie ein Vollidiot, hängt wie ein "Titanic"-Überlebender an der Planke an seinem iPhone, kriegt eine sehr gesunde Gesichtsfarbe, wenn das Objekt der Begierde erscheint, konsultiert Esoterikerinnen, die in abgedunkelten Wohnungen neben Wellensittichkäfigen ordinieren, auf dass sie einem – gegen geringen Aufschlag – in affigen Kugeln oder Tarotkarten das ganz, ganz große Glück prognostizieren, und nimmt zu allem Überfluss noch ab, weil man das bisserl, was man isst, flüssig zu sich nimmt. Also, was gibt’s da eigentlich zu meckern? "Meine Würde ist volle Kanne im Eimer", sagt C, "ich komme mir wie fufzehn vor." – "Andere Menschen lassen sich um Tausende Euro Nervengift injizieren, um dieser Illusion zu erliegen", tröste ich sie, "aber was is’ denn nun mit dem Mann? Ist der auch verliebt? – "Himmel, du stellst Fragen! Wie soll ich das denn wissen?" – "Na ja, reagiert er auf dich in Form von Blumen- und Bonbonregen? Sieht er in deinen Augen seine ungeborenen Kinder schwimmen? Überschätzt er dich über Gebühr gegenüber dem Rest der Menschheit? Sowas in der Art ..." – "Nö! So amateurmäßig geht der nicht vor. Ich glaub’, der hat außerdem keine Ahnung, wie sehr es mich erwischt hat. Ich bin doch nicht bekloppt!" Drei Mal hätte sie ihn heute schon auf der Mailbox auflaufen lassen: "Zicken, Baby, ist die Devise. Immer erreichbar sein ist unsexy." So gesehen hat sich seit den Sandkistenspielen nichts geändert. Schon damals hatte man unter Schmerzen kapiert: Den Karli, den man heimlich anbetete, nicht einmal ignorieren. Und seine Burg sowieso. Bleibt nur noch eine Frage offen: Warum ist die Menschheit eigentlich noch nicht ausgestorben?

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