Partystimmung am Grab

C war nicht tot, sie war nur nicht mehr da.

Ich zwinkerte den Wolken zu. Und hoffte auf ein Zeichen von ihr. Man wird kindlich, wenn einen die Sehnsucht am Krawattl packt. Acht Mädels standen am Grab der gemeinsamen Freundin. Ein Ritual, dass C’s Mama am Geburtstag ihrer Tochter eingeführt hatte. Auf der Steinplatte lagen Blumenarrangements, als hätte Marlene Dietrich diesmal wirklich ihr allerletztes Abschiedskonzert gegeben. C gab uns jetzt von da oben sicher ein herzhaftes „Gefällt mir“. Für mich war sie nicht tot, sie war nur nicht mehr da. Acht Jahre ist es her. Wie jedes Jahr öffneten wir am Grab eine Flasche Prosecco und prosteten C mit Pappbechern zu. Ihre Stimme war noch in meinem Ohr. „Du wirst wieder auf den Tischen tanzen,“ hatte ich ihr nach der verheerenden Diagnose gesagt und schäme mich für diese Lüge bis heute. „Versprochen?” hat sie gefragt. Ja! hatte ich gelogen. Eigenartig, aber irgendwie ist es tröstend, wenn man von den Verlorenen den Sound noch im Kopf trägt. Zu Hause roch ich an der Flasche Chanel, die sie mir bei einem unserer letzten Treffen „einfach so, Mausl” in die Hand gedrückt hatte. Ich hatte sie kaum benutzt, weil ich wollte, dass sie nie ausgeht. Ich dachte an eine Party bei mir, die mit Polizeieinsatz geadelt worden war. Und wie C beim Amtshandelnden mit einem Schnitzel-Tablett vorbei gestöckelt war und ihm zu gezwitschert hatte: „Machen’s doch lieber was G’scheites, Herr Inschpektor, und gehen’s ein paar Räuber fangen.“ Ich erinnerte mich an jenen Nachmittag im AKH, als sie kaum mehr konnte, und wir trotzdem kichernd im Bett lagen und Brötchen vom „Schwarzen Kameel” futterten. Während ich C gedanklich mit all diesen Anekdoten umkreiste und mir ganz warm wurde, huschte völlig aus dem Grauen ein Sonnenstrahl durch das Zimmer. „Danke,“ flüsterte ich ihr zu und tupfte mir eine Schiffsladung Chanel hinters Ohr.

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