#Lovemylife#-Terror

Im Würgegriff der Smiley-Idioten

Babies, Obst, Blumen, Katzen, kalter Aufschnitt an Ziergemüse, atompilzgrüne Drinks mit und ohne Sonnenuntergang, Hotelzimmer mit Wasser-Blickkontakt, bretterharte Taftfrisuren an ausgehfertigen späten Mädchen, Esstischdekos, die wie ein Fiebertraum der Putzstreberin Bree van der Kamp anmuten: Facebook sei Dank haben wir kapiert, dass der Mensch gerne gut leben möchte und dem schlechten Geschmack dabei keine Grenzen gesetzt sind. Unter dieser Weisheit liegt aber noch eine andere: Die größte Lebensfreude bezieht er aus dem Neid der anderen. Deswegen übernimmt das Event- Selfie gerade die Weltherrschaft: Leer grinsende Menschen mit deutlicher Nackenstarre im Massengewusel von Schlagerparaden, Ballspielen, Go-Kart-Rennen und dem dazugehörigen GeVIPe, die dem Rest der Welt signalisieren wollen: „Während wir hier am Puls des Glamours unseren Hauptwohnsitz haben, lebt ihr wohl noch immer euer erbärmliches Zwergerlleben!“ Auch im eventfreien Facebook-Alltag will der ofenfrische Obstkuchen mit Mopswelpe an Fächerschirmchen auf Kind einfach nicht mehr ausreichen, um in der mörderischen Schlacht um das glücklichste Leben die Nase weit vorne zu haben. Deswegen betonieren einen die Facebook-Streber jetzt noch mit ihrem Hashtag-Irrsinn zu. Ich wünsche mir einen Damencolt, wenn möglich mit Totenkopf-Intarsien auf dem Perlmuttgriff, angesichts dieses Superlativ-Terrors: #luckyme# #bestbabyintheworld# #love my wonderfullife# #happyhappy# #mostawesomesmileonbest husbandontheplanet# ... Glauben diese Fröhlichkeitsfanatiker, dass sie in einem Merci- Werbespot leben? Oder sind sie von einer bösen Geschmacksfee unwiderruflich verwunschen worden? Oder leide ich nur an einer Positivismus-Allergie? #lousymood# #whatthefuckingfuck# #smileysodbrennen#


polly.adler@kurier.at

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