No problem, M'm!

Hier im entturboisierten Teil von Indien, dem Süden, ist alles so „No problem, M’m“, dass man vor lauter Relaxedheit Schwindelgefühle beim bloßen Gedanken an regelmäßige Erwerbstätigkeit bekommt. Oh, Sie haben ein Abflussproblem im Bad? No problem, M’m. Der Installateur wird noch heute kommen. Wie entsetzlich, der Mann lässt sich so sehr entschuldigen. Er ist krank. Seine Tochter feiert Verlobung. Seinem Bruder wurde die Lieblingsziege gestohlen. So verging die Woche. Aber ich schwöre Ihnen, morgen werde ich ihn einfach zwingen, diesen Halunken von einem Installateur, no problem, M’m, at all. Ich habe mich inzwischen an diese gurgelnden Nonstop-Geräusche im Bad, die in mir die schlimmsten Stellen von Stephen Kings „Es“ heraufbeschwören, gewöhnt. Um fünf Uhr morgens höre ich sie dann einfach nicht mehr, weil dann geht der Glaubenskrach los und der Muezzin verkündet per Megafon in einer Lautstärke, in der einst Marchfelder Pampa-Discos mit Namen wie „Malibu“ zu wummern pflegten, von der Größe und Stärke Allahs. Ich bin ihm grenzenlos dankbar, denn jetzt höre ich das Geblubber endlich nicht mehr. Wenn er fertig ist, tritt die Konkurrenzreligion auf den Plan und es ertönen hoch verstärkte Krishna und Shiva-Lobgesänge aus allen Hindu-Tempeln im Umfeld. Das ganze Hotel nimmt inzwischen regen Anteil an meiner Klempner-Psychose. „How is your bathroom, M’m?“, fragt mich der Gärtner; „Has the plumber arrived?“ will sogar der Lifeguard am Strand wissen, der immer sehr besorgt aussieht, wenn ich alleine schwimmen gehe. Er hat drei Zähne im Mund und ein schweres Hüftleiden, der David Hasselhoff von Kerala. Wenn er so gut schwimmt, wie er schlecht geht, kann also im Ernstfall eine Lebensrettung einfach nichts anderes als sowas von „No problem, M’m“ sein. So geht Indien.

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