Horrorskope

Wer kann allen Ernstes glauben, dass Planetenpositionen die Fieberkurve des eigenen Seins bestimmen?

Schluss, Ende! Ich höre auf damit. Dabei haben sich die Prognosen für 2014 wirklich prinzessig angelassen. Merkur tanzte in die Sonne, Jupiter strahlte sich einen runter, Neptun und Uranus schmusten mit dem Fisch. Es gab also, rein astrologisch betrachtet, zig Gründe, die Korken schon einmal präventiv knallen zu lassen. Doch dann machte ich den verhängnisvollen Fehler, in einer Tusnelda-Postille noch einmal die Fisch-Voraussagen für das Jahr genau zu studieren. Auch hier nichts als Triumphpromenaden und emotionale Glanzstunden, aber dann stand da der Satz, der einen seelischen Erdrutsch zur Folge hatte: "Genießen Sie das kommende Jahr, denn ab 2015 steht Saturn im Quadrat zu Ihrer Sonne und harte Zeiten der Prüfungen brechen an." Und zwar nicht nur einen halben Herbst lang, sondern ganze zwei Jahre! Ich schleuderte das Blatt weit von mir. Und betrieb Akut-Versorgung in Form eines Selbstgesprächs. Welcher Mensch, im Besitz von einem IQ über der Raumtemperatur, könne denn überhaupt allen Ernstes glauben, dass planetarische Stellungswechsel in Zilliarden Kilometer Entfernung auch nur den geringsten Einfluss auf die Fieberkurve des eigenen Seins besitzen? Wofür haben die Pop-Rebellen der Aufklärung wie Rousseau, Voltaire und Kant die Hosen so weit runtergelassen? – Damit ich mich im 21. Jahrhundert wie eine abergläubische und teilalphabetisierte Kuhmagd gebärde? Nein, du doofe Nuss, flüsterte ich mir. Diese Jungs sind aufs Ganze gegangen, damit die Menschen aus dem Kerker ihrer Fremdbestimmung befreit werden und kapieren, dass sie und nur sie die Weichensteller ihres eigenen Glücks sind. Nach 2017, wenn’s beim Fisch wieder steil bergauf geht, kann ich ja dann wieder ein wenig Kritik an der reinen Vernunft üben und mich äffisch an ein Horoskop klammern.

Kommentare