Knietief im Glamour
Neulich saß ich neben einer herrlichen Witwe bei einem Post-Vernissagen-Dinner. Sie hatte Beine wie eine Impala-Antilope, so viele Wohnsitze wie andere Handtaschen und erzählte von einem Leben mit monegassischen Sonnenaufgängen, Cocktailsausen über den Dächern von New York und all den berühmten Menschen, die ihre Küchen schon beim Pastakochen devastiert hatten. Wenn man schon selbst nicht knietief im Glamour watet, ist es doch erfreulich, zumindest als Zaungast am illustren Leben teilhaben zu können. „Eines begreife ich nicht“, stellte sie irgendwann betrübt fest, „hier in Österreich sind die Männer so ... na ja ... nicht fröhlich.“ Ich wusste genau, was sie meinte. Zu miesepetrig und flirtfaul, wenig Aphorismen-Akrobatik, stildefizitär, ungalant, große Leidenschaft fürs Lamentieren, Jammer-Pepis eben. Abgesehen davon: Während man in den Metropolen Europas die Gesellschaft der lustigen Witwe suchte, seien nach dem Tod ihres geliebten Mannes die Einladungsstapel in Wien merklich schmäler geworden. Eine alleinstehende Frau passe einfach nicht in diese gesellschaftlich vorgegebene Paar-Spießigkeit. „Sei doch froh“, mischte sich die hinreißende Schauspielerin, ebenfalls Solistin, ein. „Ich habe sie bis hierhin, diese Ehegattinnen, die der Meinung sind, dich retten zu müssen: Lizzie, du musst zum Essen kommen, es gibt da einen Mann, den muss ich dir unbedingt vorstellen. Lizzie, du warst jetzt wirklich lang genug allein! Und man möchte ihnen zuzischen: Lebt ihr einmal schön eure Leben – geschenkt – aber bitte zwingt mich nicht in eure Drolligkeiten, ich würde vor Langeweile sterben!“ Doch leider, fügte sie hinzu, wurden wir ja alle für solche herzerfrischenden Ehrlichkeitsattacken versaut. Und dann schmetterten wir im Chor: „Scheiß gute Erziehung, verfluchte!“
polly.adler@kurier.at
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