Geldneurosen
Ich habe eine Freundin, die von pathologischem Geiz getrieben ist. Sie packt zig Zuckersackerln beim Kaffeetrinken ein, sie rast von einem Rabattangebot im Supermarkt zum nächsten, sammelt manisch Probetuben an den Kosmetikschaltern im Kaufhaus und bringt bei Einladungen maximal eine Schachtel Mon Cheri mit, die in der Ära Kreisky in Produktion gegangen sein müssen. Im Restaurant liest sie die Speisekarte ausschließlich von rechts, rechnet einem dann alles noch in Schilling um, damit die Dreistigkeit des Preisniveaus so richtig plastisch wird, und nippt Stunden an einem Glas, diese Spaßbremse. Als sie einmal bei einer Gratis-Weinverkostung abgefüllt war, gestand sie mir, dass sie soviel geerbt habe, dass ihr Job eigentlich nur mehr unter Beschäftigungstherapie fiele. Immer wenn ich die Geldneurotikerin getroffen hatte, bekam ich Lust darauf, die Volkswirtschaft zu beatmen und wollte es so richtig krachen lassen. Ich kaufte mir burgunderfarbene Ferragamo-Lackpumps, die vom Bequemlichkeitsfaktor ausschließlich für Stehparties geeignet waren, Pommery zur Bratwurst und andere Überflüssigkeiten. Insofern ging diese Freundschaft indirekt so richtig ins Geld und irgendwann beendete ich sie dann auch. Zu langweilig. Menschen, die nicht in der Lage sind, mit dem Leben zu schmusen, machen es einem zu grau. Und das hat nichts mit Geld zu tun, sondern mit Stil. Ich kenne Krisenopfer, die sind finanziell so zerzaust wie Courtney Loves Frisur, aber besitzen Grandezza. Und würden knallhart mit einem Lampenschirm auf dem Kopf in Ascot überzeugen. Prinzipiell muss man auch an dieser Stelle den Lieblingsschriftsteller F. Scott Fitzgerald bemühen, der reichlich abgerockt am Ende seines Lebens seufzte: „Gewiss, der Pokal ist zerbrochen, aber er war wenigstens aus Gold.“
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