Gott, war meine Jugend langweilig!
Im Jahr 2039 werde ich hoffentlich auf Teilzeit-Basis die Kinder meiner Tochter versauen. Die müssen bei mir dann nicht Ausdruckstöpfern und sich in Fingerfarben wälzen wie bei ihrer Montessori-Terroristin von Mutti, sondern dürfen voll stereotype Prinzessinnenkleider tragen und sich mit gewaltdominierten Alieninvasionsspielen amüsieren. Ich werde immer sagen: „Das sind die Kinder meiner Tochter“, denn Enkel klingt nach Inkontinenzproblematik und Wartelisten für künstliche Hüftgelenke. Auf diesem Platz hier wird längst eine flotte Mittvierzigerin ordinieren, die ich natürlich offiziell „stilistisch sehr ausgeschlafen“ finde. Ich habe bei Voodoopuppen-Designerinnen meines Vertrauens aber schon längst kleine, böse, dicke Puppen anfertigen lassen, die ich bei Vollmond mit Stecknadeln torpediere. Ich werde täglich für den Triathlon in den Disziplinen „drink-laugh-love“ trainieren. Vielleicht sitze ich ja dann endlich schon in dem depperten Haus in Südfrankreich, das ich schon so oft in nordfranzösischen Problemfilmen gesehen habe, und koche für alle meine Freunde täglich Firlefanz wie Olivengulasch, einfach so – aus purer Lebensfreud’. Ich möchte mich bitte auch noch dann einmal so verlieben, dass sich mein Magen beim bloßen Gedanken an die Augen dieses Mannes zu einer Mäusefaust verkrümmt. Finanzieren werde ich all diese Späßchen durch meinen Bestseller „Kleines Spenderherz, schlag weiter!“, der erstaunlicherweise in 78 Sprachen (auch lettisch) übersetzt wurde. Die Geschichte von einer abgehalfterten TV-Moderatorin, die, um eine überlebensnotwendige Organspende für ihre Tochter auf dem Schwarzmarkt zu finanzieren, ein Bordell für sexuell unterversorgte Karrierefrauen begründet, wird auch verfilmt – mit Lindsay Lohan in der Hauptrolle. Gott, war meine Jugend langweilig!
TIPP: Die Burgschauspieler Maria Happel und Johannes Krisch lesen Alma und Oskar, in Polly Adlers „Schwimmenden Salon” in Bad Vöslau, 27.6. – 19 Uhr, Karten um 15 Euro unter schwimmender.salon@voeslauer.at
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