Termin-Beziehungen

Er will nur eine Termin-Beziehung!“ Ihre Körperhaltung vermittelte die Dynamik eines zusammen gefallenen Soufflés im Spätherbst. S hatte ihr Reservoir an Energie bis zum Anschlag ausgeschöpft, um sich diesen Typen „klar zu machen“. Jetzt wollte sie für ihren Einsatz endlich belohnt werden. „Terminbeziehung klingt wie etwas Gefährliches aus der Welt der Hochfinanz“, sagte ich, „muss man da bei jedem Treffen pünktlich sein, sonst kracht's?“ – „Deine Witze hatten schon mehr Biss“, kläffte sie, „eine Terminbeziehung beschränkt sich auf ein paar Termine die Woche und schließt ein gemeinsames Zuhause aus. Das ist so kränkend!“ Ich musste an die herrliche Josefine Hawelka denken, die beim Buchteln in ihrer winzigen Küche mir das Geheimnis ihrer glücklichen Ehe offenbarte: „Ganz einfach: Ich mach’ die Nachtschicht und er den Tag – ideal!“ Aber S war kein Josefinen-Kaliber. Sie hatte einfach zu viele Hugh-Grant-Romanzen gesehen und träumte von einer Erlösungsfantasie: Mann holt Schimmel aus der Parkgarage, schultert S, um sie in eine Welt der Liebling-wie-war-dein-Tag-Wohligkeiten zu entführen, in der Einsamkeit, Selbstzweifel und Ängste nicht mehr auf dem Speiseplan stehen. Das L-A-B-T-Modell (Living apart, being together) war definitiv nicht auf ihrer Erledigungsliste gestanden. Aber natürlich war sie insgeheim sicher, dass sie sich den Kurti schon noch irgendwie „herrichten“ könnte. Alte Frauenkrankheit: Wenn der Mann einmal eingetütet ist, dann wird er gleich zum Bastlerhit ausgerufen und es muss an ihm geschraubt und gebohrt werden. „Millionen Menschen“, seufzte abends ein befreundeter Psychiater, „verzweifeln täglich daran, den unrealistischen Mythos der romantischen Liebe mit ihrem Leben in Einklang zubringen.“ Andererseits: Was würden sie sonst mit ihrer Zeit anfangen?

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