Die braven Papis

Den Satz „Er kriegt zwar sonst nichts auf die Reihe, ist aber ein toller Daddy“ habe ich bis hierhin.

Ich muss leider unser Gespräch verschieben“, meinte der ultra-angesagte und optisch verwegen anmutende Hamburger Ausdruckspoet, der einen kleinen Skorpion auf seiner rechten Wange tätowiert hatte, „Mümmelchen zahnt.“ Ein hoch angesehener Linguistikprofessor erklärte mir per Mail, dass er seinen Text erst morgen schicken könne, da jetzt Fischstäbchen für die Fortpflänzchen gebrutzelt werden müssten. Ich kenne sogar einen Künstler, der die Bananenbreilätzchen seiner Tochter in seine Gips-Collagen integrierte, um auf sein neues Rollenverständnis hinzuweisen. Ich dachte daran, dass man als junge, allein erziehende Amazone in den Neunzigern lieber in schwäbischer Tracht verkehrt hängend über dem Gartenzaun ertappt worden wäre, als im professionellen Nahverkehr mit seinen Brutpflege-Problemen hausieren zu gehen. So spießig wollte man nicht sein. Aber die bewussten Väter – wie sehr hatten wir sie nicht auf unserer Wunschliste ganz oben stehen gehabt – sind da anders eingestellt. Stille Vaterfreuden sind ihnen nicht genug. Sie müssen ihre Ich-nehme-meine-Papa-Nummer-so-ernst-Haltung allzu oft vor sich her tragen. Welch teuflischer Plan steckt dahinter? Möglicherweise finden sie es hoch an der Zeit, dass sie von Feministinnen aller Schattierungen für ihre Mühe wie Tanzbären in einem Montessori-affinen Zirkus gelobt und getätschelt werden. Und sie sich mit dem Ich-bin-ein-bewusster-Vater-Bonus eine Freifahrt für sonstigen Unfug erkaufen können. Und wir Weiber spielen auch noch artig mit. Den Satz „Er kriegt zwar sonst nichts auf die Reihe, ist aber ein toller Daddy“ habe ich bis hierhin. Hat irgendjemand uns schon gratuliert, dass wir (meist) reibungsfrei funktionierende Mütter sind? Und daneben noch das Heu einfahren? Ich kann mich nicht daran erinnern.

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