Bloß keine Zirkushochzeit
Eigentlich wollte meine Freundin M am liebsten in der Mittagspause in einem Juteschlauch heiraten, mit maximal dem Briefträger als Trauzeugen und einem Spraynelken-Arrangement von der nächst gelegenen Tankstelle als Brautstrauß. Doch das wollten wir ihr dann doch nicht durchgehen lassen. Dezenz gilt ja in Bühnenkreisen bekanntlich als ein Zeichen von Schwäche. „Ihr werdet aber sicher keine dieser affigen Zirkushochzeiten von mir kriegen.” – „Natürlich nicht“, schüttelten wir im Wackeldackel-Gleichklang die Köpfe, „keine Hochsteckfrisuren, keine Mafiaprinzessinnen-Fummel, keine hysterischen Anfälle, weil die Farbe der Servietten mit der Blumendekoration nicht korrespondiert, Standesamt, kleines Essen, engster Kreis und tschüss.” – Im britischen Bräutigam fanden wir einen prächtigen Verbündeten. So kam es, dass sieben Menschen aus dem englischen Königreich für die Wiener Feierlichkeiten in meiner Wohnung zwischengelagert wurden. Eine Woche lang lebten wir im Woodstock-Modus – Schlafsäcke, Schnurren am laufenden Band in Alkoholbegleitung, viel Gekicher, Eierspeisen in Regiments-Größe, Warteschlangen vor den Nasszellen. Am schönsten Tag im Leben einer Frau gab es dann doch ergreifende Reden, bis der Arzt kam, scheußliche Geschenke, wie es sich eben gehört, und alle heulten. Gott sei Dank trug ich einen Hut, der meine Tränen-Ströme abdeckte. Und jetzt packe ich gerade mein Party-Köfferchen mit einer Familienpackung Blasenpflaster, denn das Heiraten geht in die zweite Phase. Die beiden werden in Spanien leben, wohin der Bräutigam seine 200 engsten Freunde aus Oxford-Tagen zu einer Sause gebeten hat. Fiesta, olé! Er hat mir einen echten Lord als Tischherren versprochen. Mit solchen neuen Familienmitgliedern lässt es sich arbeiten.
polly.adler@kurier.at
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