Seitenwechsel

Seitenwechsel
Die eBooks kommen: Die Vorliebe fürs Buch ist immer noch stark, geht aber kontinuierlich zurück. 2009 sagten in einer Umfrage des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels noch 88 Prozent: "Ich liebe gedruckte Bücher, ein elektronisches Gerät reicht nicht an das Leseerlebnis heran." 2012 waren es noch 81 Prozent. Doch was sagen österreichische Buchliebhaber und prominente Leseratten dazu? Haptisches Gefühl oder schnelle Verfügbarkeit? Eine Umfrage.

Wenn du mich vor einem Monat gefragt hättest, was mir lieber ist, hätte ich gesagt, dass mich Kindle & Co. null interessieren, ich meine Bücher gerne angreife, anschaue und sie mir auf den Kopf knallen lasse, wenn ich beim Lesen einschlafe. Aber dann, auf einmal, wollte ich unbedingt "Dispatches" von Michael Herr lesen, der über seine Zeit in Vietnam geschrieben hat und bei "Apokalypse Now" und "Full Metal Jacket" Drehbuch geschrieben hat. Es war Sonntag und ZACK – innerhalb von zwei Minuten – war das Buch auf dem Kindle – und seitdem ist der Kindle mein Freund. Auch wegen seiner Mini-Leselampe und weil er heißt wie ein Freund im echten Leben, dessen Vorname Andreas ist und der am meisten liest von allen Menschen, die ich kenne. Kindle und Buch liegen nun friedlich nebeneinander am Nachtkastl. Falls sie einmal was miteinander haben, gibt’s das erste Maschinenbuchkind. Ich freu mich auf den kleinen Bastard. Hipp hipp hurra!

Seitenwechsel

"Der Kindle ist mein Freund"

Michael Ostrowski, Schauspieler

Ich bin realistisch genug, um zu sehen, dass das Buch in zehn bis 15 Jahren nicht mehr das Leitmedium sein wird. Das zeigt sich auch im wissenschaftlichen Bereich, wo zunehmend online publiziert wird. Trotzdem wird es gedruckte Bücher immer geben. In meinem Leben ergänzen E-Reader und Buch einander sehr gut. Unterwegs finde ich den E-Reader praktisch, zuhause mag ich physische Bücher und Zeitungen gern. Das gehört für mich zu einem angenehmen Wohngefühl dazu. Ein Zitat von Hermann Hesse besagt: "Ein Haus ohne Bücher ist arm." Ich möchte es abwandeln: "Ein Mensch, der nicht liest, ist arm." Was nützt es, wenn jemand viele Bücher hat, ohne sie gelesen zu haben? Lesen ist wichtig – egal in welcher Form. Gedruckte Bücher werden auch wieder schöner – mit ausgewähltem Papier, hochwertigen Einbänden oder Lesebändchen. Vielleicht eine Reaktion auf eBooks. Das Buch wird wieder zum Sammlerstück. Die Fotografie hat die Malerei nicht verdrängt, das Fernsehen das Kino nicht. Und so wird trotz E-Reader auch das Buch nicht sterben. www.onb.ac.at

Als Autor bin ich NATÜRLICH fürs Buch, aber NICHT gegen den E-Reader. Ich sehe keinen Grund, dieses neue Lesemedium zu verteufeln. Das eBook ist ein weiteres Angebot des Lesens, und gegen das Lesen kann ich als Autor beim besten Willen nichts einwenden. Im Gegensatz zu Diebstahl Ausbeutung oder unfairem Wettbewerb, Urheberrechts- Verbrechen und die Zerstörung des stationären Buchhandels. Beim E-Reader geht es also weniger ums ENTWEDER-ODER, sondern einmal mehr um die Frage der Internet-Moral: Um die Wahlfreiheit, ein Raubritter sein zu wollen oder nicht, um die Verantwortung, jeden Tag mitentscheiden zu können, wie die Zukunft aussehen soll. Ich persönlich sage ganz ehrlich: Da ich ohnehin den ganzen Tag vor dem Bildschirm hocke, will ich nicht auch noch auf diese Art die Zeitung lesen, oder ein Kochbuch, oder einen Roman. Und solange ich sehe, wie unsere Kinder das ipad links liegen lassen, wenn es ein neues Buch zum Durchblättern gibt, mach ich mir insofern keine Sorgen, weil das Begreifen OHNE das Greifen offenbar nicht hinhaut. www.thomasraab.com

Meine Frau und ich haben immer gerne gelesen. Eines Tages haben wir uns gefragt, wo es eigentlich Bibliotheken gibt. In Universitäten und Klöstern immer, aber nur ganz selten in Hotels. Dabei ist das Lesen ein wesentlicher Bestandteil des Urlaubs, weil man meistens nur dann die Zeit und Muße dazu findet. In unserem "Wortreich" im Hotel Hochschober mit mehr als 2.000 Büchern findet jeder Gast, was er sucht – vom Klassiker bis zur modernen Literatur. Natürlich stellen wir auch fest, dass immer mehr Gäste ihre Tablets mitbringen. Aber das Gefühl, ein Buch in der Hand zu halten, den Geruch der Seiten und einen schönen Einband kann kein elektronisches Lesegerät der Welt ersetzen. Vielleicht bin ich nostalgisch, aber das ist es mir wert. Im "Wortreich" findet Austausch statt, wir veranstalten immer wieder Lesungen und regen damit die Menschen zum Nachdenken an. Wir wollen das Buch im Urlaub in den Mittelpunkt rücken. Nur mit E-Readern wäre das in dieser Form nicht möglich. Denn Bücher schaffen Atmosphäre. www.hochschober.com

RUBEY: Ich bin echt kein Sammler, sondern eher ein Wegschmeißer. Ich kann mich von allem trennen – außer von Büchern. Und die müssen echte Bücher sein und am besten gebundene. Ich glaube ja auch, dass ein Bücher- regal eine parallele Lebensgeschichte erzählt. Außerdem gehören für mich in Bücher Eselsohren und Bleistift- notizen. Versuchen Sie das mal bei einem E-Reader! Ich verborge Bücher auch nicht, sondern kaufe sie lieber ein zweites Mal und verschenke sie dann. www.manuelrubey.com

KREUTZER: Der Regisseur Wes Anderson hat kürzlich in einem Interview gesagt, dass wir das Digitale nicht lieben können, weil wir nicht sehen, wie es gemacht ist. Ich werde auf Papier lesen, so lange der Buchdruck lebt. eBooks finde ich total unsinnlich, sie entwerten auch das Besondere und die Qualität des einzelnen Buches, weil es nur mehr um dauernde Verfügbarkeit von allem geht.

Manuel Rubey und Marie Kreutzer arbeiten derzeit an der Verfilmung des Romans "Gruber geht" von KURIER-Kolumnistin Doris Knecht

Kommentare