Hahns Abendmahl, 1964

Hahns Abendmahl, 1964
Sabine Haag, Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums, präsentiert für die freizeit die 100 größten Kunstwerke Österreichs.

Spoerri – eigentlich Daniel Isaac Feinstein – wurde nach dem Tod seines Vaters 1942 von seinem Schweizer Onkel adoptiert. In Zürich und Prag studierte er klassisches Ballett und Tanz, war 1957- 1959 am Landestheater Darmstadt tätig und zog 1959 nach Paris. 1968 eröffnete er sein erstes Eat- Art-Restaurant in der Düsseldorfer Altstadt: Umgeben von Kunstwerken konnten sich die Gäste das Geschirr auf die Unterlage kleben und signieren lassen – und für 1.000 D-Mark mitnehmen. Bekocht wurden sie von Künstlern – unter anderem von Joseph Beuys – und die Speisekarte bot exotische Spezialitäten, wie Spoerri 2008 erzählte: „Da gab es alles zu essen, was man essen konnte – was der eigentliche Skandal war. Also zum Beispiel Termitenomeletts oder Elefantenrüssel. Es gab aber auch viele Dinge, die damals kaum jemand kannte, die heute aber längst zum Allgemeingut geworden sind wie Polenta, Mangos oder Trüffel.“

Teller, allerlei Besteck, benutzte Aschenbecher, Flaschen, deren Verschlüsse und verschiedene Essensreste wurden auf ihrer Unterlage – naheliegenderweise einer Tischplatte – fixiert und dann als Tafelbild an die Wand gehängt. Ein Stück Alltagswirklichkeit wurde gleichsam wie mit einer Falle „gefangen“. Das fragile Kunstwerk entstand nach einer Tischgesellschaft am 23. Mai 1964 im Haus des Kölner Sammlers Wolfgang Hahn und ist wohl eines der berühmtesten Exemplare des künstlerischen Konzeptes, das Spoerri im Umfeld des französischen „Nouveau Réalisme“ entwickelt hatte.

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