Bogenschnitzender Amor, um 1536

Bogenschnitzender Amor, um 1536
Sabine Haag, Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums, präsentiert für die freizeit die 100 größten Kunstwerke Österreichs.

Parmigianino gilt als eine der Schlüsselfiguren des Manierismus. Glatte, scharf ausgeleuchtete Körper, mit feinem Strich gearbeitete Details, manchmal überlange Hälse und Finger und fast immer extravagante Posen zeichnen seine Bilder aus. Weltberühmt ist sein „Selbstbildnis im Konvexspiegel“ (KHM Wien), mit dem der 20-jährige den Papst beeindrucken wollte. Er war in Parma, Rom und Bologna erfolgreich und hinterließ über 30 Gemälde. Dennoch ist über sein kurzes Leben wenig bekannt. Parmigianino starb, nur 37-jährig, 1540 in der Nähe von Parma.

Amor erscheint hier nicht als kleines Kind, sondern als heranwachsender Knabe. Dies entspricht einer von homoerotischen Vorlieben berührten Mode der Entstehungszeit. Mit dem Rücken zum Betrachter nimmt der gleichmäßig beleuchtete Körper des Liebesboten die gesamte Bildhöhe ein. Sein durchdringender Blick (man denke an die Pfeile des Amor) fixiert verführerisch das Gegenüber.

Nachlässig verwendet er die beiden Bücher als Arbeitsunterlage und triumphiert damit über deren gelehrten Inhalt. Amor fertigt jene Waffe, die gleichermaßen Freude und Schmerz bereiten wird. Hinter ihm ringen zwei Putti miteinander. Noch ist – so eine der Deutungen – der durch sie stellvertretend ausgetragene Kampf zwischen handgreiflichem Begehren und stiller Sehnsucht nicht entschieden.

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