Feldhase

Feldhase
Sabine Haag, Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums, präsentiert für die freizeit die 100 größten Kunstwerke Österreichs.

Im Entstehungsjahr des "Feldhasen" starb Dürers Vater – wenig später sollte der 29-Jährige sein Atelier durch die Aufnahme engagierter Gesellen zur Werkstatt ausbauen. Um 1500 hatte Dürer angefangen, die Proportionen des menschlichen Körpers systematisch zu erforschen. In dieser intensiven Zeit entstand der Feldhase. Dürer konzipierte ihn unabhängig von Malereiprojekten – er ist also keine Vorzeichnung. Solch einem nebensächlich-alltäglichen Motiv derart intensive Aufmerksamkeit zu schenken, darin liegt – neben der künstlerischen Bravour – die ungewöhnlich große Bedeutung der Zeichnung für die Entwicklung der Kunst.

Ob Dürer hier tatsächlich einen lebendigen Hasen buchstäblich in Ruhe porträtierte, wird von jeher diskutiert – gut möglich, dass er zwei Quellen kombinierte und neben einem erlegten Tier für Haltung und Ausdruck auf ein Hauskaninchen zurückgriff. Die heute beinahe kultisch verehrte und neuerdings als "Programmbild des Realismus" gehandelte Zeichnung kann trotz tausendfacher Reproduktionen doch immer wieder neue Facetten bieten – ob man sich nun auf die Schilderung des unterschiedlich dichten und langen Felles konzentriert, sich einen Moment lang die Bewegungen des atmenden Körpers vorstellt, Ohren, Pfoten oder die Tasthaare der Schnauze studiert oder darüber nachdenkt, welche Malutensilien Dürer für die mit Aquarell- und Deckfarben ausgeführte Zeichnung verwendet haben mag …

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