Indien liegt im Burgenland: Besuch beim Ayurveda-Arzt

Indien liegt im Burgenland: Besuch beim Ayurveda-Arzt
Besuch beim Ayurveda-Arzt. Die Reise geht allerdings ins Burgenland und nicht nach Indien. Seit fünf Jahren behandelt Gopakumar Kumman im Hotel Larimar Menschen nach ayurvedischer Tradition. Das Spannende: Er kann die Beschwerden seiner Patienten fühlen.

Der Mann, der auf mich zukommt, lächelt freundlich. „Kommen Sie mit mir“, sagt er auf Englisch und führt mich ins Besprechungszimmer. Gopakumar Kumman, leger gekleidet, setzt sich hinter seinen Schreibtisch. Der Stuhl, den er mir anbietet steht schräg zu seinem Sessel. Kumman braucht die Nähe zum Patienten, wenn er eine ganzheitliche Abklärung nach ayurvedischen Kriterien macht. Den Arztkittel lässt er weg, was die Atmosphäre noch entspannter macht. Seit fünf Jahren ordiniert Kumman non schon von Anfang November bis Ende April im Wellness-Hotel Larimar in Stegersbach.

Der findige Hotel-Direktor Josef Haberl hat ihn und sein Team, bestehende aus Yoga-Lehrern, Meditations-Trainern und Ayurveda-Meistern ins Burgenland geholt, um Gäste vor Ort nach ayurvedischer Tradition behandeln und verwöhnen zu lassen. So erspart man sich die weite Reise nach Indien, kann Ayurveda aber trotzdem von indischen Profis durchführen lassen. Nach einem Aufenthalt in Sri Lanka vergangenen Herbst habe ich den Vergleich und möchte wissen, wie wirkungsvoll eine Behandlung in Österreich wirklich ist. „Zuerst schaue ich Sie mir einmal an, dann können Sie Ihre Fragen stellen“, sagt Kumman bestimmt.

In Sri Lanka führen Ärzte zu Beginn einer Behandlung immer eine Pulsdiagnose durch, um den jeweiligen Konstitutionstyp eines Menschen zu bestimmen. Vata, Pitta, Kapha – je nach Ergebnis werden Behandlungen und Kräutermedizin auf den jeweiligen Menschen abgestimmt.

Aber Kumman will meinen Puls nicht fühlen. Er bittet mich nur, mich entspannt zurückzulehnen und die Augen zu schließen. „So kann ich spüren, was in Ihnen ist.“ Ein paar Minuten vergehen, dann bittet er mich, die Augen wieder zu öffnen. „Sie haben starke Verspannungen im Nacken“, sagt er, ohne mich je berührt zu haben. Ich bin verblüfft. „Woher wissen Sie das?“ Kumman lächelt verschmitzt. Dann zählt er mir nach und nach einige Beschwerden auf, mit denen er absolut richtig liegt. Von anderen Wehwehchen wusste ich bis dato nichts, kann nun aber ein besonderes Augenmerk auf sie legen. „Entschuldigen Sie, wenn ich immer wieder die Augen schließe, sagt er. „So kann ich mich besser in Sie hineinversetzen.“

Auch die mentale Verfassung seiner Patienten ist Kumman ein Anliegen. Man hat das Gefühl, dass er den Körper seines Gegenübers von oben bis unten scannt - Gedankenlesen inklusive. Dann liefert er einen treffende Persönlichkeitsanalyse und hilft mit Tipps zur Optimierung des Lebensstils. Für alle, die länger in seiner Obhut bleiben, erstellt er nach dem rund 30-minütigen Gespräch einen auf den jeweiligen Konstitutionstyp abgestimmten Therapieplan mit Yoga-Einheiten und Ayurveda-Massagen. Mir rät er zu „Abhyanga“, einer Ganzkörper-Ölmassage, die den Organismus stimuliert und Köper, Geist und Seele balanciert. Zum Schluss sagt er: „Versuchen Sie, nicht immer an Gestern zu denken. Das ist vorbei. Wichtig ist, was jetzt ist. Nur so werden Sie glücklich sein.“ Wie recht er hat. Dann darf ich endlich meine Fragen stellen.

freizeit: Her Kumman, Sie haben auf eine Pulsdiagnose verzichtet. Ist ds für einen Ayurveda-Arzt nicht unerlässlich, um eine Diagnose zu stellen?

Gopakumar Kumman: Ich verzichte nicht immer darauf. Es kommt ganz auf den Menschen an, der mir gegenüber sitzt. Aber wenn ich meinen Augen schließe, kann ich meistens fühlen, was isch seelisch und körperlich in den Menschen abspielt.

Sie kommen aus Indien und bieten im Burgenland Ayurveda und Yoga an. Jeder, der sich ein bisschen mit Ayurveda auskennt, weiß, dass richtige Kuren mindestens ein Monat dauern. Wie sinnvoll sind dreitägige bis zweiwöchige Behandlungen wie hier im Larimar?

Eine sogenannte Panchakarma-Kur, die im besten Fall mindestens vier Wochen dauert, kann in Österreich wegen dem Klima gar nicht durchgeführt werden. Dazu müsste es warm sein. Aber wir machen mit unseren Kurz-Kuren sehr gute Erfahrungen. Wenn jemand Probleme mit dem Blutdruck, Schlafstörungen oder mentale Probleme hat, können wir mit speziell auf die Bedürfnisse des Menschen abgestimmten Ölen, Behandlungen und Massagen schon innerhalb von drei Tagen Verbesserungen erzielen. Wir haben auch Knieprobleme innerhalb von 5 bis 14 Tagen schon sehr gut behandelt.

Wo liegt für Sie der größte Unterschied zwischen der westlichen und der indischen Medizin?

Da gibt es natürlich viele Unterschiede. Einer davon ist, dass in Indien im Gegensatz zu Österreich nicht sofort Operationen durchgeführt werden. Wir heilen zum Beispiel auch Beinfrakturen mit Kräutern und haben damit Erfolg. Innerhalb von einem Monat können die meisten Mensch wieder laufen.

Mit welchen Problemen werden Sie in Österreich am häufigsten konfrontiert?

Es sind meistens dieselben Beschwerden: Arthritis, Bluthochdruck oder mentale Probleme. Ehrlich gesagt praktiziere ich in Indien lieber, weil die Arbeit dort für mich als Arzt spannender sind. In Österreich fühlt sich meine Tätigkeit fast wie Urlaub an. Hier gilt meine Aufmerksamkeit einer kleinen Anzahl von Patienten, während ich in Indien 40 bis 45 Patienten pro Tag behandle.

45 Patienten pro Tag erscheinen mir viel. Laugt Sie das nicht aus?

Nein, denn ich meditiere sehr viel – und je mehr ich meditiere, desto mehr Kraft habe ich. Ich stehe jeden Tag um halbvier Uhr früh auf, dusche und bete anschließend zwei Stunden zu Gott. Abends meditiere ich noch einmal. Das gibt mir genug Energie. Die Spiritualität ist auch ein wichtiger Teil meiner Arbeit.

Finden Sie es gut, dass Ayurveda in Europa so populär geworden ist?

An und für sich schon. Das Problem ist nur, dass viele Europäer ihr Wissen über Ayurveda aus verschiedenen Büchern beziehen, und glauben, sich selbt behandeln zu können. Ich erlebe es oft, dass Patienten sich ihre Behandlungen schon ausgesucht haben, bevor sie mit mir gesprochen haben. Ich erstelle dann den Plan komplett neu. Ayurveda ist eine Wissenschaft, die man nicht so schnell erlernt.

Sie sind mehrere Monate pro Jahr in Österreich. Vermissen Sie Ihre Heimat nicht?

Ich bin ein halbes Jahr hier im Burgenland, danach geht es für mich weiter nach Amerika. Zuhause bin ich maximal ein bis zwei Monate pro Jahr. Aber ich telefoniere täglich mit meiner Familie. Was mir am meisten fehlt, ist das Lachen der Menschen. In Österreich wird weniger gelacht als in Indien.

Was ist Ihnen noch aufgefallen?

Dass die Menschen in Europa und den USA gerne an sich selber denken. In Indien ist Hilfsbereitschaft sehr wichtig, egal ob es sich um Geld, Kleidung oder Essen handelt. Man bekommt so viel zurück, wenn man gibt. Das sollte jeder einmal ausprobieren. Und wenn man dann noch lacht und mehr miteinander redet, wirkt sich das sehr positiv auf das Wohlbefinden aus.

Apropos Wohlbefinden: Haben Sie ein paar Tipps, die sich leicht im Alltag umsetzen lassen?

Die Darmreinigung ist ein wichtiger Punkt. Ein Mal pro Monat sollte man das mit Bittersalz tun. Das Bittersalz am besten abends mit heißem Wasser einnehmen. Wenn man vier bis fünf Mal auf der Toilette war, ist das perfekt. Das funktioniert wie eine Waschmaschine.

Was raten Sie noch?

Zusätzlich sollte man jede Woche einen Fastentag einlegen. Über den Tag sollten drei Liter Wasser oder Grün-Tee getrunken werden. Zu Mittag ist ein Apfel erlaubt. Ich empfehle auch einen wöchentliche Ölmassage. Jeder kann sich selbst massieren und Körper und Kopf beim Duschen zehn Minuten mit Sesam-Öl einreiben. Auf die Ernährung zu achten, ist natürlich auch wichtig. Die Menge macht es aus. Frühstücken wie ein Kaiser, Mittagessen wie ein König und Abendessen wie ein armer Mann ist ein sehr guter Leitsatz.

Wenn Sie so bewusst leben, werden sie garantiert 120 Jahre alt.

Oh, das möchte ich gar nicht. Ich freue mich, wenn ich Gott schon etwas früher gegenübertreten kann.

Ayurveda mit den indischen Meistern wird noch bis 30. April angeboten. Yoga-Wochen gibt es ab € 419 für drei Übernachtungen inkl. HP mit leichter Ernährung aus der ayurvedischen oder der Gourmet- und Vitalküche. Eine Woche kostet ab € 910.

www.larimarhotel.at

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