Eine Liebe in Hollywood
Sie galt als „Dame ohne Unterleib“, der elf Jahre ältere Herr als „Golden Boy“. Audrey Hepburn und William Holden. Die Kindfrau und der Gentleman. Oscarreif. Beide. In der Tasche hatten sie ihn indes noch nicht, als sie 1953 Hollywoods damals angesagtester Regisseur aufeinander losließ: der Exil-Österreicher Billy Wilder für seine Komödie "Sabrina".
Kostümbildnerin Edith Head wird später ausrufen: „Oh, Gott, Audrey und Bill waren das am schönsten anzusehende Paar, das man je gesehen hat!“ Wie sich bald herausstellte, auch das traurigste. „Schon bevor ich sie kennenlernte, war ich in sie verliebt“, gab William Holden später bekannt. Audrey, der gebürtigen belgischen Baroness, war der All-American-Boy ebenso alles andere als egal. „Dass zwischen ihnen etwas geschah, war für jedermann offensichtlich“, heißt es auch in dem neuen Buch „Audrey und Bill“ von Edward Z. Epstein, das einen spannenden und überaus intimen Blick auf die goldene Ära Hollywoods wirft.
Zwei Mal standen Hepburn und Holden gemeinsam vor der Kamera, für "Sabrina" im Jahr 1953 und ziemlich genau zehn Jahre später für "Zusammen in Paris". Dazwischen lagen romantische Picknicks, heimliche Rendezvous in der Garderobe, heiße Küsse, ein verhängnisvolles Geständnis sowie das simple Kalkül des Paramount-Studios: „Ein Film, in dem Audrey und Bill gemeinsam spielen, kann kein Flop werden.“ - Sicher?
Audrey, jung, schön, mädchenhaft, wollte unbedingt Kinder – drei, vier, wie sie ihm flüsterte. Doch Bill, verheiratet und Vater von zwei Söhnen, konnte keine mehr zeugen. Vasektomie. Verständlich, aber voll dämlich, wenn man damit erst dann herausrückt, wenn sich die Dinge schon so weit entwickelt haben ...
Nach Ende der Dreharbeiten zu "Sabrina" legte Audrey die Gefühle für ihren nur für diesen Film erblondeten Lover jedenfalls abrupt auf Eis. Und gab schließlich den schon seit längerem bestehenden Avancen von Schauspieler und Regisseur Mel Ferrer nach. Bill hingegen entwickelte einen perversen Plan, um zu zeigen, wie verletzt er war.
„Indem er ihr seine Qualen demonstrierte, hoffte er, sie zurückzubekommen“, analysiert Biograf Epstein und zitiert Holden: „Also ging ich los, bereiste die Welt und nahm mir vor, in jedem Land, in dem ich mich aufhielt, mit einer Frau ins Bett zu gehen.“ So kam bald nach "Sabrina" unter anderem Grace Kelly an die Reihe – während der Dreharbeiten für das Drama "Ein Mädchen vom Lande".
Ja, auch auf die spätere Fürstin von Monaco machte Golden Holden – so sein Spitzname nach dem Oscar-Triumph – gehörigen Eindruck. Ebenso auf andere Damen. Jacqueline Kennedy etwa. Als die First Lady nämlich erfuhr, dass ihr JFK mehr als nur eine Tändelei mit Marilyn Monroe hat, begann sie selbst eine Affäre mit – ja, mit William Holden.
Seitensprünge am laufenden Band und auf hohem und höchstem Niveau! Und das Ganze ohne banale Dating-Agenturen im Internet. Darüber zu lesen ist tatsächlich nicht uninteressant. Besonders, wenn man die gemeinsamen Filme von Audrey Hepburn und William Holden kennt und nie auf die Idee gekommen wäre, welche Abgründe sich hinter diesen Personen auftaten.
Sogar ganz wörtlich genommen. Während der Dreharbeiten zu Zusammen in Paris sollte es zu einem folgenschweren Eklat kommen. „Eines Abends kletterte er spontan auf einen Baum, der vor ihrer Garderobe stand“, berichtet Biograf Epstein, früher lange Jahre Pressesprecher von MCA/Universal Pictures in New York.
„Das gelang ihm anscheinend nicht ganz lautlos, denn als sie sich aus dem Fenster lehnte, um nachzusehen, was es mit dem Lärm da draußen auf sich hatte, beugte Holden sich vor und küsste sie. ,Bill, hör auf damit!’, rief sie. Er stürzte vom Baum und landete auf einem parkenden Auto.“ Die Folge: Bill musste ins Krankenhaus und begann wieder zu trinken. Und das konnte er gut. Und ausdauernd lange. Bis zuletzt.
Am letzten Abend seines Lebens, am 12. November 1981, hielt sich William Holden allein in seinem Appartement bei Santa Monica, Kalifornien, auf. „Er hatte getrunken“, schreibt Epstein. „Er ging ins Schlafzimmer, rutschte auf einem Vorleger aus und schlug mit der Stirn auf einen Nachttisch.“ Er verblutete.
Ob er das Ausmaß der Verletzung erahnte, wird man nie erfahren. „Er wollte keine Hilfe“, meinte ein Freund. Hepburn starb zwölf Jahre später. Nicht nur für Filmhistoriker, so Autor Epstein, sei es ein interessanter Zufall, dass Audrey und Bill gleich alt waren, als sie verschieden: dreiundsechzig. Epsteins Trost: „Ihre Filmfiguren, die in der Blütezeit ihres Lebens, in jenen Tagen, in denen alles möglich schien, ineinander verliebt waren, leben in Sabrina weiter.“
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