Andi Knoll über Chancen

Andi Knoll mit Barbara Reiter
Andi Knoll, 40, ist der ORF-Mann für alle Fälle. Im Radio moderiert er mit dem „Ö3“- Wecker die meistgehörte Sendung des Landes, im Fernsehen ist er derzeit in der Abendshow „Die große Chance“ zu sehen. Ein Gespräch über die größte Chance seines Lebens, den Vorteil in der zweiten Reihe zu stehen und die Angst, einmal nicht mehr gefragt zu sein.

freizeit: Andi, du strahlst so. Ist das die Vorfreude auf unser Gespräch?

Andi Knoll: Selbstverständlich. Ich glaube aber auch, dass ich als Kind in denselben Zaubertrank wie Obelix gefallen bin. Er ist dadurch stark geworden und ich bin chronisch gut gelaunt. Mir ist relativ viel aufgegangen und zum Glück nichts widerfahren, was mir die Laune verdorben hätte. Da ist es natürlich leicht, gut aufgelegt, souverän und entspannt zu sein.

Gute Laune ist für einen Unterhaltungsmoderator kein Nachteil. Aber niemand ist immer gut gelaunt.

Es stimmt schon, dass die meisten Menschen manchmal schlecht drauf sind. Ich habe einfach Glück gehabt und bin da eine Ausnahme. Außerdem gehört die gute Laune zu meiner Job Description dazu.

Derzeit moderierst du zusätzlich zu „Ö3“ im Fernsehen „Die große Chance“. Da liegt die Frage nach der größten Chance deines bisherigen Lebens auf der Hand.

Die habe ich mit vielen anderen Menschen gemeinsam: In Österreich geboren worden zu sein. Es wird zwar auch bei uns immer härter aber man hat schon sehr viel Glück gehabt und es besteht zumindest die Möglichkeit, dass man andere Chancen nützt. Offenbar hast du die Chancen deines Lebens gut genützt.

Du bist erfolgreicher Moderator und damit dort, wo viele hinwollen, aber nie hinkommen.

Chancen kommen ja oft getarnt daher. Vielleicht habe ich viele ausgelassen, und manche Dinge, die ich als Chance gesehen habe, waren gar keine.

Dein Erfolg lässt aber darauf schließen, dass du vieles richtig gemacht hast.

Ich hatte das große Glück, zu einer Zeit zu „Ö3“ zu kommen, wo noch nicht alles so professionell abgelaufen ist. Man konnte noch Fehler machen, auch auf Sendung. Ich hatte Zeit, mir meinen Charakter, mein Charisma und mein Profil zu erarbeiten. Mir verzeiht man mehr als jungen Kollegen, die neu dazukommen. Ich habe mir das Recht, den Leuten auf die Nerven zu gehen, quasi ersessen.

Du moderierst alternierend mit Robert Kratky den „Ö3-Wecker, die meistgehörte Sendung des Landes. Er macht drei Wochen, du eine Woche. Stört es dich, dass er bekannter ist als du?

Nein, nein! Gold glänzt ja nur, wenn man zu Silber und Bronze runterschauen kann. Außerdem finde ich Silber eigentlich schöner als Gold. Ich verdiene fast so viel Geld wie die in der ersten Reihe, habe aber meine Ruhe in der zweiten. Da weht der Wind nicht so scharf. Das Licht ist zwar nicht ganz so hell, aber dafür sind die Abnützungserscheinungen kleiner.

Man sieht dich auch nicht sehr oft auf Society-Events. Gehört das nicht zu deinem Job, um im Gespräch zu bleiben?

Ich gehe nie privat weg, außer ich arbeite dort als Moderator. Wenn ich auf einem Event keinen Auftrag habe, ist mir langweilig. Da bleibe ich lieber zuhause auf der Couch und habe es gemütlich, bevor ich mir die Füße in den Bauch stehe. Ich muss aber ehrlicherweise sagen, dass ich durch meine Abstinenz auch nicht eingeladen werde. Da beißt sich die Katze in den Schwanz – in diesem Fall positiverweise, weil ich das eh nicht mag.

Man könnte auf solchen Veranstaltungen allerdings Werbeaufträge akquirieren.

Da bin ich mir gar nicht so sicher. Gerade auf Seitenblicke-Events sind ja die üblichen Verdächtigen. Die muss man gar nicht buchen, weil die kommen eh von selbst. Aber vielleicht werde ich mir in naher Zukunft, auf dem Weg nach unten, denken: „Wäre ich bloß öfter unterwegs gewesen.“

Davon kann bei dir ja nicht die Rede sein.

Im Moment bezahle ich meine Miete, habe genug zu essen und es läuft ganz gut. Aber vielleicht muss ich irgendwann auf Events gehen, um nicht ganz vergessen zu werden. Derzeit bin ich aber noch so präpotent und tue es nicht.

Nächstes Jahr feierst du dein 20-Jahr-Jubiläum bei „Ö3“. Hast du Angst, bald zu alt für einen Jugendsender zu sein?

20 Jahre, brutal! Demnächst werde ich eine Inventarnummer bekommen. Aber unter den 2,8 Millionen Hörern sind ja nicht nur Jugendliche. „Ö3“ ist ein Paradoxon, weil man die Menschen, die uns hören, eigentlich nicht in einen Topf kriegt. Sie sind unterschiedlich alt, hören unterschiedliche Musik und haben unterschiedliche Interessen. Aber es geht sich irgendwie aus. Wir versuchen, mit Hirnschmalz ein Programm zu machen, in dem sich jeder findet. Offenbar gelingt das.

Du hast also keine Angst, dass dir die Musik dort irgendwann einmal altersbedingt auf die Nerven geht?

Ich mag die Musik, die wir spielen wirklich. Mein Vorbild in dieser Hinsicht ist Eberhard Forcher. Ich würde nie sagen, dass er in Würde gealtert ist. Für mich ist er ein würdiger, älterer Jugendlicher. Er ist musikkompetent bis unter den immer noch extrem dichten Haaransatz. Wenn man Leidenschaft für die Musik hat und sich auskennt, dann kann man auch bei „Ö3“ sehr lange bleiben.

Als einer der wenigen im ORF schaffst du den Spagat zwischen Fernsehen und Radio. Wie hast du es angestellt, dass du auch im Fernsehen so gefragt bist?

Ich hatte nie den großen Masterplan. Es ist einfach so passiert. Ich habe nie von mir aus gesagt, dass ich dies oder das gerne moderieren würde, sondern wurde immer gefragt. Natürlich ist mir auch klar, dass mich irgendwann niemand mehr fragen wird. Davon bin ich überzeugt.

Ist das ein Gedanke, der dich bewegt?

Ich habe viele gehen gesehen und weiß, dass mein Status nur geliehen ist. Der, der ich nach außen bin, bin ich ja nur, weil ich beim größten Sender des Landes moderiere. Irgendwann wird das aufhören, weil sich ein Medienunternehmen logischerweise verjüngen muss. Dann kommt ein anderer Andi Knoll. Ich habe ja 1999 auch Ernst Grissemann beim Song-Contest beerbt. Er hat die Moderation vorher so lange gemacht, wie ich damals alt war.

Bis du dir darüber Gedanken machen musst, hast du ja noch Zeit.

Ich bin jetzt 41 und will auch nicht schwarz malen, sondern nur realistisch sein. Darauf vorbereiten kann man sich eh nicht. Ich stelle es mir auch schmerzhaft vor. Aber so ist das Leben. Und da ich nicht angestellt bin, weiß ich auch nicht, ob ich jemals ausgesorgt habe. Aber um das Geld mache ich mir am wenigsten Sorgen. Mich interessiert vieles. Ich kann nix gscheit, aber fast alles ein bissl. Insofern komme ich schon irgendwo unter.

Was könntest du dir denn als Betätigungsfeld vorstellen?

Ich kann nichts so gut, um damit Geld zu verdienen, aber ich würde alles machen, bis auf Bestatter. Das habe ich für den ORF schon einmal ausprobiert und war mental überfordert. Aber sonst bin ich mir für nichts zu gut. Auch Schweiß und Schmutz schrecken mich nicht ab.

Das muss ja gar nicht sein. Wie wäre es als DJ beim 5-Uhr-Tee?

Der logische Weg zurück ist ja ein kleiner Sender, auf den ein noch kleinerer folgt. Und dann der 5-Uhr-Tee in der Disco. Warum nicht. Aber ich würde nachher gerne was Anständiges machen, Tischler vielleicht. Ich habe gerade selbst meine Küche zusammengebaut.

Du könntest auch bei der großen Chance antreten und Popstar werden.

Das mit dem Singen lasse ich lieber. Ich glaube aber, dass bei uns niemand mehr antritt, um ein Star zu werden. In einem kleinen Land wie Österreich ist es schwierig, berühmt zu werden – außer man steigt auf zwei Bretteln. Wieso sollte ein Popstar in einer zehnteiligen Fernsehserie gefunden werden, wenn musikalisch sonst auch das ganze Jahr nichts kommt?

Ist es so schwierig, gute Popmusik zu machen?

Es scheint so. Deshalb ist ja das Verhältnis zwischen „Ö3“ und der österreichischen Musik so schwierig. Unsere Hörer wollen eine bestimmte Qualität. Aber es gibt in dem Land nur wenige, die Pop so machen wollen oder können, dass er zwischen Lady Gaga und Avicii passt. Ein Format wie „Die große Chance“ beschert den meisten 90 Minuten Ruhm und bietet Unterhaltung. Keiner erwartet sich dort einen Welthit. Aber manche Teilnehmer, wie Conchita Wurst, können nach der Show von ihren Aufträgen sehr gut leben.

Sie hat also ihre Chance genützt. Welche Chance möchtest du noch nützen?

Gut zu moderieren – im Fernsehen wie im Radio. Jeden Tag um 7 Uhr Früh eineinhalb Millionen Menschen „Guten Morgen“ zu sagen, ist immer wieder aufs Neue eine sehr große Chance – es zu vergeigen. Aber auch, es gut zu machen.

Als Treffpunkt für das Interview hat sich Andi Knoll das Glacis Beisl ausgesucht. Ein Ort, wo er gerne seine Freizeit verbringt.

Kommentare