Kaviar deluxe: Was Österreichs teuerster Fisch pro Kilo kostet
Grödig, ein kleiner Ort, südlich der Festspielstadt Salzburg. Im Bistro des Fischgeschäftes Grüll in der Neue Heimat Straße ist wie jeden Tag zu Mittag Hochbetrieb. Es sind vorwiegend Leute aus der Umgebung, die sich hier mit allen möglichen Fischspezialitäten den Hunger stillen. Aber auch Gäste von weit her ergötzen sich hier an Austern, panierten Fischen, Garnelen und Hummer. Was eben alles so da ist.
Wirklich berühmt
In ganz Österreich bekannt geworden ist die Fischhandlung Grüll samt dem sagenhaften Bistro aber durch eine ganz spezielle Delikatesse: Walter Grüll, der Inhaber, züchtet Kaviar vom Sibirischen Stör (Acipenser baerii). Das macht er schon seit geraumer Zeit und hat sich damit als einer von nicht mehr als rund 30 bis 40 Störzüchtern, die es weltweit gibt, einen Namen gemacht. Wirklich berühmt geworden ist er aber mit seinem weißen Kaviar von der Störart „Sterlet“ (Acipenser ruthenus), es ist eines der ungewöhnlichsten und wohl teuersten Lebensmittel der Welt.
Der Fischflüsterer
Grülls Fischladen läuft prächtig, er beliefert mit seinem Kaviar Spitzenköche und Feinschmecker in ganz Österreich, sein Bistro brummt und ist täglich voll, in den Medien wurde er nicht nur einmal als eine Art ultimativer „Fischflüsterer“ gefeiert. Doch das alles lässt ihn noch lange nicht zur Ruhe kommen. Grüll entwickelt und kreiert am laufenden Band die seltsamsten und ungewöhnlichsten Fisch-Delikatessen. Zum Beispiel Würste, die aussehen wie Frankfurter aber keine sind, denn sie bestehen nicht aus Fleisch, sondern aus Lachs. Grüll nennt sie deshalb „Laxfurter“.
Nicht minder ungewöhnlich seine Pralinen, eine Kombination aus Kaviar und Schokolade oder seine „Streichwurst“, die wiederum aus Lachs besteht. Grüll füllt auch Dosen mit Störfilets und kombiniert das Ganze mit der exotischen Zitrusfrucht „Buddhas Hand“ oder mit Dörrpflaumen, Chili und Tamarinde, eine Idee, die er gemeinsam mit den Starköchen Rudi und Karl Obauer aus dem nahe gelegenen Werfen entwickelt hat.
Mehr Luxus geht nicht
„Ich gebe zu, ich bin ein bisschen ein Irrer“, sagt Grüll und lächelt dabei. Ein sympathischer Zeitgenosse, der vor lauter Ideen nachts nicht schlafen kann, dem andauernd etwas Neues einfällt. So produziert er etwa auch eine „Trottarga“, die der „Bottarga“ aus Italien nachempfunden ist, aber eben nicht vom getrockneten Roggen des Thunfischs oder der Meeräsche stammt, sondern von der Forelle. Wer ein bisschen mehr Geld ausgeben will, kann diese Delikatesse auch vom Stör haben, Walter Grüll nennt das dann „Strottarga“, 50 Gramm davon kosten rund 350 Euro. Im Grunde genommen handelt es sich dabei um dehydrierten, gesalzenen und zu feinem Pulver gemahlenen Kaviar. Ein ziemlich aufwendiges Verfahren, das er selbst entwickelt hat.
Doch es wäre nicht Walter Grüll, wenn er nicht auch das noch toppen könnte. Seine „Strottarga“ gibt es auch vom weißen Kaviar, das nennt sich dann „Strottarga Bianco“ und ist eine Kombination aus dehydriertem und gemahlenem Albino-Stör-Kaviar mit 22 Karat Blattgold. Und was kostet sowas? „Das Kilo kommt auf rund 100.000 Euro“, sagt Grüll und lächelt wieder verschmitzt. Ein Produkt für Leute, die schon alles haben, meint Grüll und die natürlich auch „finanziell gut gepolstert sind“.
Alles begann mit zwölf Jahren
Dass er überhaupt den weißen Stör züchten kann, kommt einer mittleren Sensation gleich. Albino-Störe sind eigentlich eine Laune der Natur und höchst selten. Lange Zeit galt das Reproduzieren dieser raren Tiere als unmöglich. Doch Grüll schaffte es irgendwie, heute schwimmen in seinen Teichanlagen mehr als 100 solcher außergewöhnlicher Lebewesen.
Walter Grüll ist einer, der vermutlich schon mit einer ganz besonderen Hingabe zu Flossentieren geboren wurde. Jedenfalls züchtete er schon mit zwölf Jahren in der Waschküche seiner Eltern die ersten Forellen. Nach der Matura pachtete er sein erstes Fischgewässer, 1988 begann er Störe zu züchten, er wusste, dass es kein schnelles Geschäft ist. Denn es dauert acht bis zwölf Jahre, bis die Weibchen „erntereif“ sind. Grüll wartet sogar noch länger, bevor er die Eier der Tiere nach einem schonenden Verfahren entnimmt. „Das wirkt sich auch auf die Qualität aus, wenn man den Tieren lange Zeit und ein gutes Leben gönnt, ist Grüll überzeugt.
2002 konnte er seinen Kunden jedenfalls den ersten echten Stör-Kaviar aus Österreich anbieten. Und das, obwohl ihm alle gesagt hatten, Störe zu züchten, das ginge eigentlich gar nicht.
Das Fischgeschäft in Grödig, das er zusammen mit seiner Frau Uschi führt, gibt es seit 1992, im Jahr 2012 haben es die beiden aufwendig umbauen lassen und ein Bistro hinzugefügt. Es ist heute ein Eldorado für Feinschmecker und Fischliebhaber.
Es mag kaum verwundern, dass Grüll schon wieder an einer Neuheit laboriert. Er bastelt gerade an einem alkoholischen Getränk auf – wen mag es überraschen? – Kaviar-Basis. Mehr will er noch nicht verraten, außer dass es wieder etwas „ganz Außergewöhnliches“ ist. Etwas, wovon alle behaupten, „das geht eigentlich gar nicht“.
Von Herbert Hacker, der Autor ist Senior Editor des Falstaff-Magazins
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