Formgebend

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Vom Stoffresteverwerter zum Lingerie-Label: Seit 100 Jahren sorgt Palmers dafür, dass die Österreicher auch untendrunter gut gekleidet sind. Ein Blick zurück auf Strumpf und Spitze, innovative Ideen und programmierte Skandale.

Der Anfang verlief nicht unbedingt glamourös. 1914 gründete Ludwig Palmers in der Innsbrucker Innenstadt ein Geschäft für Konfektionswäsche, Schürzen und Stoffreste. Programmatischer Name: „Restenkönig“. Doch bereits nach Ende des Ersten Weltkrieges sattelte Palmers um, setzte auf Damenwäsche und Strümpfe – und traf den Nerv der Österreicherinnen. Gemeinsam mit seinen Söhnen Theodor, Harry, Hans Joachim und Walter Palmers wurde in den folgenden Jahrzehnten die Expansion vorangetrieben – auch und vor allem dank cleverer Geschäftsideen. Bereits in den wilden 20ern setzte Palmers flächendeckend auf Werbeinserate in Zeitungen und Zeitschriften – eine immens erfolgreiche Strategie, die das innovative Produktsortiment flächendeckend bekannt machte. In den 30er-Jahren „erfand“ Palmers das Corporate Design, also das einheitliche Auftreten und Erscheinungsbild eines Unternehmens in der Öffentlichkeit – und zwar mit der Einführung des giftgrünen Schriftzuges an allen Palmers-Geschäftsportalen. Dahinter stand natürlich Kalkül, nämlich der Wunsch, aufzufallen und unverwechselbar zu sein. Bis in die 2000er-Jahre hinein wurde dieser markante Auftritt strikt beibehalten.

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Auch ein Franchise-System, also die Vergabe von exklusiven Verkaufslizenzen für Palmers-Produkte an Handelspartner, wurde bereits in den 30ern erstmals umgesetzt – Innovation pur für den österreichischen Markt. Und als im Zweiten Weltkrieg keine Strümpfe mehr angeboten werden konnten, erfand man eine schwach färbende Tinktur, die – auf Damenbeine gepinselt – für den Anschein von Strümpfen sorgen sollten. Der Name: Palmers Strumpf-Zauber.


Nach dem Krieg war es vor allem die innovative und immer auch provokante Plakatwerbung, mit der Palmers für Aufsehen sorgte – und das bis heute tut. Ob entblößte Damenoberschenkel in den 50ern oder freche Slogans in den 80ern, die Feministinnen auf die Barrikaden brachte, Palmers wusste immer, wie man provozierte. Das letzte echte „Skandalplakat„ aus den späten 90ern – fünf nur mit Strümpfen bekleidete, bäuchlings liegende Models auf Seidenbettwäsche – war damals als Postersujet ein riesiger Verkaufsschlager und wurde nun zum 100-Jahr-Jubiläum neu aufgelegt. Nicht nur dafür gebührt dem Unternehmen ein herzliches Danke!

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100 Jahre Betriebsamkeit: Ludwig Palmers startete im Jahr 1914 mit einem „Restenkönig“ genannten Geschäft für Schürzen, Stoffe und Konfektionsware in Innsbruck. Die erste Wiener Filiale eröffnete 1928 in der Rotenturmstraße.

Reklame-Skandal: Mitte der fünfziger Jahre plakatierte Palmers halbentblößte Frauenbeine (links), der damalige Unterrichtsminister Ernst Kolb sah darin eine „Reizung der Lüsternheit“ und verfügte, dass das unkeusche Sujet mit einem züchtigen Rock überklebt werden muss (rechts). Der Strumpf-Absatz stieg durch die Publicity um 600 Prozent

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