Vielfältige Corona-Symptome: Von Kopfschmerzen bis zu blauen Zehen
Je länger die Coronavirus-Pandemie dauert, desto mehr Symptome werden der Krankheit Covid-19 zugeschrieben. Schien sich eine Infektion zunächst ähnlich wie eine gewöhnliche Grippe auszuwirken, wird die Liste der Krankheitszeichen immer länger. Kopf, Nase, Rachen, Lunge, Herz, Nieren, Magen, Darm und sogar die Zehen - kaum ein Bereich, der nicht durch das Virus betroffen ist.
Es ist nicht neu, dass ein und derselbe Erreger so vielfältige Symptome verursachen kann. Der Verlust des Geruchssinns oder die Bildung von Blutgerinnseln scheint jedoch sehr spezifisch für den Erreger SARS-CoV-2. "Die meisten Viren können das Gewebe, in dem sie sich vermehren, schädigen oder aber auch das Immunsystem, das die Infektion bekämpft", sagt der Virologe Jeremy Rossman von der Universität Kent in Großbritannien.
Mediziner vermuten, dass auch das ungewöhnliche Entzündungssyndrom, wegen dem über hundert Kinder in New York, London und Paris im Krankenhaus behandelt werden mussten, in Zusammenhang mit Covid-19 steht. Die Fälle ähneln dem Kawasaki-Syndrom, einer Gefäßerkrankung bei Kindern, die in seltenen Fällen bis zum Organversagen führen kann.
Bei Erwachsenen kann Covid-19 laut mehrerer Studien andere lebensbedrohliche Symptome auslösen wie zum Beispiel Schlaganfälle, Gehirnschwellungen und Herzschädigungen. Urologen von der Medizinhochschule im chinesischen Nanjing berichteten vergangene Woche in der Fachzeitschrift "Nature Reviews" von Patienten mit schweren urologischen Komplikationen, Nierenschäden und gravierenden Auswirkungen auf die männlichen Sexualhormone.
Die ungewöhnlich scheinende Vielzahl der beobachteten Symptome hat auch mit der enormen Zahl der Infizierten zu tun. "Bei einer weitverbreiteten Krankheit treten selbst seltene Komplikationen häufig auf", sagt der Infektiologe Babak Javid vom Universitätsklinikum Cambridge.
Weltweit gibt es mehr als 4,1 Millionen bestätigte Covid-19-Fälle. Die tatsächliche Zahl der Infizierten liege vermutlich bei dutzenden oder gar hunderten Millionen, schätzt Javid. "Wenn also einer von 1.000 oder auch nur einer von 10.000 Komplikationen entwickelt, sind das immer noch tausende Betroffene", sagt der Mediziner.
"Wir begannen zu glauben, dass alles verdächtig sein kann"
Die Allgemeinmediziner waren die ersten, die die vielfältigen Symptome berücksichtigen mussten. "Am Anfang wurde uns gesagt, wir sollten auf Kopfschmerzen, Fieber und leichten Husten achten", erinnert sich Sylvie Monnoye, Hausärztin im Zentrum von Paris. "Dann kamen Schnupfen und Halskratzen hinzu, danach Verdauungsprobleme, Magenschmerzen und schwerer Durchfall".
Die Liste wurde aber noch länger: Wunden in der Haut, neurologische Probleme, blaue Zehen, Brustschmerzen, der Verlust von Geschmacks- und Geruchssinn. "Wir begannen zu glauben, dass alles verdächtig sein kann", sagt Monnoye in ihrem Schutzanzug.
Die US-Gesundheitsbehörde CDC analysierte in einem internen Bericht die Symptome von 2.591 Corona-Patienten, die zwischen dem 1. März und dem 1. Mai ins Krankenhaus eingeliefert wurden. Drei Viertel hatten Schüttelfrost, Fieber oder Husten und fast ebenso viele Atembeschwerden. Ein knappes Drittel klagte über Schmerzen und Durchfall, ein Viertel litt unter Übelkeit oder Erbrechen. Etwa 18 Prozent hatten Kopfschmerzen, zehn bis 15 Prozent Lungen- oder Unterleibsprobleme, eine laufende Nase oder Halsschmerzen.
"Wenn jemand schwer an Covid-19 erkrankt, kann er Probleme mit Blutgerinnseln bekommen, die häufiger als bei anderen Viren scheinen", sagt der Infektiologe Javid und folgert: "Im Vergleich zur Grippe ist es wahrscheinlicher, dass man sehr krank wird und stirbt."
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