24-Stunden-Betreuung: Die Politik muss dringend handeln!
Verbesserungen für die Situation rund um die 24-Stunden-Betreuung fordert die Plattform Personenbetreuung. Bibiana Kudziova ist in der Plattform Sprecherin der BetreuerInnen und deren Vertreterin in der Fachgruppe Wien Personenberatung und Personenbetreuung. In Wien sind derzeit rund 7.800 BetreuerInnen aktiv tätig. Die meisten von ihnen kommen aus EU-Staaten in Ost- und Südost-Europa. „Eine Möglichkeit, deren Situation zu verbessern, sind höhere Honorare durch eine bessere staatliche Förderung. Die betreuten KlientInnen können die BetreuerInnen oft nicht mehr allein aus der ihnen zur Verfügung stehenden Pension und dem Pflegegeld bezahlen“, betont Kudziova. Immer wieder müssen deren Kinder etwas zuschießen oder es muss vorhandenes Eigentum – beispielsweise das eigene Haus – verkauft werden.
Bonus als Förderung und Qualitätssicherung
Die bestehende monatliche Förderung der 24-Stunden-Betreuung wurde erst 2023 das erste Mal seit ihrer Einführung 2007 valorisiert – von 550 Euro auf 800 Euro. Kudziova verweist auf die Forderung nach einer Erhöhung auf 1.450 Euro. Dies sollte durch die Einführung eines Fairness- und eines Qualitätsbonus erfolgen. „Das Berufsbild der Personenbetreuung hat sich über die Jahre massiv gewandelt“, berichtet Karin Hamminger, Vorsitzende der ÖBAP – Bundesinteressensgemeinschaft für Agenturen der Personenbetreuung. Die Tätigkeiten der BetreuerInnen haben sich vor 15 Jahren noch auf reguläre Haushaltstätigkeiten wie Kochen, Einkaufen und Spazierengehen beschränkt. Inzwischen erledigen BetreuerInnen bestimmte pflegerische – in Einzelfällen auch medizinische – Tätigkeiten.
Doch bei der Personenbetreuung muss die Qualität kontrolliert und gesichert werden. Die dazu beigezogenen Fachpflegekräfte und Ärzte sind von den betreuten Personen zu bezahlen. Aber dafür fehlt oftmals das Geld. Hamminger: „Wir fordern daher die künftige Bundesregierung auf, die Finanzierung für die Qualitätssicherung in der 24-Stunden-Betreuung bereitzustellen!“
BetreuerInnen aus Drittstaaten zulassen
In Wien arbeiten aktuell fast 1.900 BetreuerInnen weniger als 2019. Die Gründe dafür sind vielfältig. Die Geschäftsführerin von Hilfswerk Österreich, Elisabeth Anselm, berichtet von vielen Anfragen für diese Arbeit aus sogenannten Drittstaaten. Das sind Länder außerhalb der EU.
„Wir haben immer wieder Anfragen von interessierten und bestens geeigneten BetreuerInnen aus Drittstaaten wie Serbien und Bosnien-Herzegowina. Leider müssen wir sie zurückweisen, denn aktuell gibt es de facto keine Möglichkeit für sie, in der 24-Stunden-Betreuung in Österreich zu arbeiten“, bedauert Anselm. „Selbstständige BetreuerInnen aus Drittstaaten bräuchten, um in Österreich arbeiten zu können, eine spezifische Lösung wie beispielsweise einen Sondererlass, eine spezielle Karte in Ergänzung zur Rot-Weiß-Rot-Karte oder ein definiertes Dauervisum, das an die Ausübung des Gewerbes geknüpft ist, wie sich das beispielsweise in Deutschland bewährt“, erläutert Anselm und meint abschließend: „Ich bin gespannt, wie lange Österreich es sich noch leisten will und kann, auf BetreuerInnen aus Drittstaaten zu verzichten. Klare Verbesserungen in der 24-Stunden-Betreuung müssen auf der Agenda der nächsten Bundesregierung stehen.“
Die Initiative „Gut leben im Grätzl“ der Fachgruppe Personenberatung und Personenbetreuung der Wirtschaftskammer Wien bringt Gesundheitsprävention und Lebensbegleitung direkt in die Wiener Bezirke. Die Grätzlteams umfassen qualifizierte Lebens- und SozialberaterInnen und PersonenbetreuerInnen. Gemeinsam bieten sie maßgeschneiderte, niederschwellige und wohnortnahe Unterstützung im psychosozialen Bereich, bei Bewegung und Sport, bei der Ernährung und bei der Betreuung für Familienangehörige - stundenweise oder als 24-Stunden-Betreuung rund um die Uhr.
Neben dem gesundheitlichen Mehrwert für die Bevölkerung eröffnet die Initiative auch neue Perspektiven für Ein-Personen-Unternehmen. Selbstständige BeraterInnen und BetreuerInnen erhalten eine Plattform, um ihre Expertise direkt in die Nachbarschaft einzubringen und sich in den Bezirken zu vernetzen. In den Bezirken, in denen sich bereits Grätzlteams formiert haben, finden regelmäßig Gesundheitstreffs statt. Diese Veranstaltungen sind offen für alle und bieten der Bevölkerung kostenlose, erste praktische Tipps sowie Informationen und die Möglichkeit zum direkten Austausch mit ExpertInnen. Mehr Informationen zu den Treffs gibt es unter www.gutleben.wien
Jacob L. Moreno und die Kraft des Psychodramas
Die Lebens- und SozialberaterInnen stärken mit einer Veranstaltungsreihe ihre Kompetenz für Aufstellungsarbeit.
Der Arzt Jacob Levy Moreno hat mit seiner visionären Methode die psychosoziale Beratung revolutioniert. Das Psychodrama, von ihm in den 1920er-Jahren in Wien entwickelt, bietet als Quelle der modernen Aufstellungsarbeit bis heute ein wirksames Werkzeug, um menschliche Beziehungen und innere Konflikte besser zu verstehen. So kann das Psychodrama dabei unterstützen, familiäre Strukturen zu hinterfragen und zu stärken sowie neue Perspektiven auf gesellschaftliche Herausforderungen zu finden. Die Fachgruppe Personenberatung und Personenbetreuung der Wirtschaftskammer Wien veranstaltet die Reihe „5 Abende – 5 Themen – unzählige Einsichten“.
Dabei wird den BeraterInnen die Möglichkeit geboten, in ein Thema einzutauchen und durch Rollenspiele und kreative Methoden für sich neue Perspektiven für die Arbeit mit ihren KlientInnen zu gewinnen. Diese Veranstaltungen sollen die Kompetenz der BeraterInnen für das psychosoziale „Werkzeug“ der Aufstellungsarbeit stärken. Kompetenzstärkung Harald G. Janisch, Obmann der Fachgruppe, hebt die besondere Bedeutung des Psychodramas hervor: „Moreno hat gezeigt, wie wichtig Kreativität und Leichtigkeit in der Beratung sind. Sein Ansatz, Konflikte und Potenziale durch Rollenspiele sichtbar zu machen, ist heute aktueller denn je und eine unverzichtbare Grundlage für moderne Beratungskonzepte.“ Mit diesen außergewöhnlichen Themenabenden setzt die Fachgruppe ein starkes Zeichen für die Qualität, Professionalität und Stärkung der Kompetenz ihrer psychosozialen BeraterInnen. Mehr Informationen zu Moreno und zur Tätigkeit der Lebens- und SozialberaterInnen bei der Begleitung ihrer KlientInnen mittels Aufstellungsarbeit, Coaching, Mediation und Supervision unter www.viertewienerschule.at