Wissens-Speicher für afrikanische Geschichte

Die Thabo-Mbeki-Präsidentenbibliothek bei Dämmerung.
Sir David Adjaye hat vor kurzem seinen Entwurf für die Thabo Mbeki Presidential Library in Johannesburg vorgestellt – ein Ort für kollektives afrikanisches Bewusstsein.

Die Architektur der Bibliothek ist etwas ganz Spezielles: Da ist zum einen die architektonische Umsetzung eines Bauwerks mit den ganz spezifischen Anforderungen, die das Bibliothekswesen mit sich bringt. Und zum anderen beherbergt eine Bibliothek immer – neben dem materiell in ihr aufbewahrten und physisch greifbaren Bestand – auch immaterielles Wissen, kollektives Gedächtnis und Bewusstsein.

Das Thabo-Mbeki-Präsidentschaftsbibliothek-Projekt mit seinen markanten Kuppelbauten.
Die acht zylindrischen Baukörper wurden traditionellen Getreidespeichern nachempfunden.
Die Thabo Mbeki Presidential Library, ein Gebäude mit ungewöhnlicher Architektur.

So wird die neue Thabo Mbeki Presidential Library in Johannesburg, Südafrikas Hauptstadt, zu verstehen sein. Und die Metapher für das kollektive Gedächtnis des Kontinents, ein Zentrum für afrikanisches Bewusstsein, offenbart sich nicht nur in der Funktion des Gebäudes. Sondern auch im – von Star-Architekt David Adjaye subtil umgesetzten – Konzept und in der Form der Bibliothek.

Innenansicht der Thabo-Mbeki-Präsidentenbibliothek mit Bücherregalen und Lesebereichen.
Lokale Materialien für die Stampflehmfassade, Holzverkleidungen und Steinböden.
Innenansicht der Thabo-Mbeki-Präsidentenbibliothek mit Lesetischen und Bücherregalen.

Architektur ist eine soziale Kunstform. Es braucht den Input der Bürger, damit großartige Architektur entstehen kann. Sie entsteht, wenn man sich kulturell engagiert und zuhört.

von David Adjaye

Der für seine gemeinschaftsorientierte Gesinnung und künstlerische Sensibilität bekannte Adjaye hat die Thabo Mbeki Presidential Library als Ort des Lernens, der Forschung, des Diskurses und des kulturellen Austauschs durchdacht – aber aus der afrikanischen Perspektive.

Ein Architekturmodell zeigt Zylinder, von denen Volumina für Lichtquellen subtrahiert wurden.
Kontrollierter Lichteinfall durch die unterschiedlichen Ausnehmungen der Kuppeln.
Ein Querschnitt der Thabo Mbeki Präsidentschaftsbibliothek mit roter Backsteinfassade.
Die Stampflehmfassade stellt einen Erdwärme-Speicher dar.

Hort afrikanischer Geschichte

Die neue Bibliothek erfüllt zahlreiche Funktionen: Museum, temporärer Ausstellungsraum, Forschungszentrum, Aufbewahrungsort spezieller Sammlungen, Auditorium, Zentrum für die Förderung von Frauen, Lesesaal, Shop, Cafeteria, digitaler Erlebnisraum, Lehr- und Seminarräume, Büroflächen sowie Archiv. In Letzterem wird man viele Dokumente und Artefakte rund um Mbekis Amtszeit sowie von anderen bedeutenden historischen Persönlichkeiten Afrikas finden. Mbeki war von 1999 bis 2008 Präsident von Südafrika.

Ein architektonischer Plan der Thabo-Mbeki-Präsidentenbibliothek mit umliegenden Gebäuden und Grünflächen.
Untergeschoß.
Ein Architekturmodell der Thabo-Mbeki-Präsidentenbibliothek mit kreisförmigen Räumen und Außenbereichen.
Erdgeschoß.

Im Vorort Riviera gelegen weist schon das Erscheinungsbild der Bibliothek, mit Strukturen ähnlich jenen von Getreidespeichern, auf die Funktion von Wissen hin: als Keim für Verstehen, als Nahrung für Bildung. Und am Ende dieses Zyklus steht die reiche Ernte in Form von Bewusstsein und Identität.

Eine Visualisierung der Thabo-Mbeki-Präsidentenbibliothek mit Kuppeln und Solarpaneelen.
Solarpaneele nutzen die Sonneneinstrahlung für Energiegewinnung.
Ein Übersichtsplan der Thabo-Mbeki-Präsidentenbibliothek mit Kuppelbauten und Solaranlage.

Das gesamte Ensemble besteht aus acht zylindrischen Baukörpern. Ihre Kuppeln sind mit nach dem Sonneneinfall ausgerichteten unterschiedlichen Öffnungen versehen. So kann der Lichteinfall auch thematisch dirigiert werden. Jeder der „Speicher” widmet sich einem bestimmten Thema. Sie sind miteinander durch den öffentlichen Raum verbunden, der Raum unterirdisch wird durchgehend genutzt.

Lokale Materialien

Für den Bau werden lokale Materialien verwendet: Lehm für die Stampflehmfassade, Holz für die Verkleidungen, Stein für die Terrazzoböden. So werde der Kohlenstoffausstoß des Projekts erheblich reduziert, wie es bei Adjaye Associates heißt. Die Photovoltaikpaneele auf den Dächern nutzen die dank des subtropischen Hochlandklimas vorhandene Sonnenenergie.

Insbesondere die Stampflehmkonstruktion mit ihren verdickten Wänden stellt eine hohe thermische Masse dar. Sie nimmt tagsüber die Wärme auf und gibt sie nachts wieder ab. Dies trägt dazu bei, die Temperatur des Gebäudes passiv zu regulieren und so die Abhängigkeit von mechanischer Kühlung und Heizung zu verringern.

Text: Linda Benkö Renderings: Adjaye Associates

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