Wie die Säulen des Mannes ...
Auf den meisten Fotos lacht oder lächelt er zumindest. Helles Hemd. Dunkles Sakko. Dunkle Hose. So tritt Samih Sawiris meist an die Öffentlichkeit. Doch das passiert eher selten, schließlich ist der Geschäftsmann stets irgendwo in der Welt unterwegs, um neue Großprojekte auf Schiene zu bringen.
Eine Stadt aus seiner Tasche
Doch sein Herzensprojekt, das ist zweifelsohne El Gouna. Eine künstlich angelegte Tourismusmetropole in Ägypten. Direkt am Roten Meer gelegen. Es ist seine Stadt. Er hat sie entworfen. Gebaut. Bezahlt. Wenn man so will, dann ist Samih Sawiris also der Pharao von El Gouna.
Allein, der Mann mit ägyptisch-montenegrinischen Wurzeln findet keinen besonderen Gefallen an Pyramiden. Der 65-Jährige zieht andere Bauten vor. Säulengänge, sind derzeit offenbar angesagt. So hat er das Londoner Studio Seilern Architects damit beauftragt, die Gouna Festival Plaza im Zentrum der Touristenmetropole zu gestalten.
Gouna Festival Plaza: Echt große Säulen
Und rausgekommen ist dabei ein jedenfalls opulentes Werk. Drei L-förmige und wahrlich gigantische Säulengänge umgarnen eine Art Wasserplatz. Diese so genannten Kolonnaden sind zudem mit ihren 20 Metern die höchsten Erhebungen in ganz El Gouna. Daher also als Landmark von überall sichtbar. Orientierungspunkte, kann man darin sehen. Wegweiser auch. Ein Statement sind sie jedenfalls. Und das aus mehrerlei Hinsicht.
So kann man natürlich salopp in gigantisch in den Himmel ragende Säulen immer eine Symbolik der Männlichkeit interpretieren. Vor allem, wenn der versteckte Phallus von einem Mann errichtet wurde, der über Macht verfügt und diese offenbar auch zu genießen versteht.
Das Mittelalter lässt grüßen
Als bestes Beispiel dafür dient jedenfalls die toskanische Stadt San Gimignano. Auf einem Hügel vor Siena haben hier im Mittelalter Geschäftsmänner darum gebuhlt, das jeweils höchste Türmchen vor dem Haus zu errichten. Herausgekommen ist ein malerischer Ort, der hinter vorgehaltener Hand auch gern „Manhattan des Mittelalters“ bezeichnet wird.
Was das über das heutige Manhattan aussagt, ist eine andere Geschichte. Wir bleiben in El Gouna und den Säulen der Gouna Festival Plaza.
Laut Architekten sind die 20 Meter hohen Kolonnaden freilich keineswegs phallischen Ursprungs. Vielmehr sollen sie die Gouna Festival Plaza „architektonisch abgrenzen und gleichzeitig Schatten und Schutz vor Wind bieten“, so die offizielle Erklärung. „Wir wollen, dass der Besucher Ehrfurcht und Staunen empfindet, wenn er ankommt“, sagt Christina Seilern, Leiterin von Studio Seilern Architects. Und weiter: „Die Größe der Kolonnaden wird durch die Weichheit ihrer inneren Verkleidung ausgeglichen.“
Spieglein, Spieglein – im Wasser
Daher würde die „warme, sandfarbene Färbung nachts gleichmäßig beleuchtet.“ Auf diese Weise wirke sie wie eine große Skulptur, die sich in einem Gewässer spiegelt“, so Seilern weiter. „Die von uns angestrebte Wirkung ist die einer absoluten Ruhe – ein Raum der Besinnung, der sich in einen festlichen Ort der Begegnung verwandeln kann.“
Was uns zu der Nutzung der neuen Gouna Festival Plaza führt: Dieses künstlich geschaffene Zentrum wird als multifunktionaler Raum verstanden, in dem das jährliche Filmfestival von El Gouna, Sportveranstaltungen und Konzerte stattfinden werden. Das Gouna World Squash Turnier oder das Filmfestival werden hier über die Bühne gehen.
Lauter und intimer Ort gleichzeitig
Gleichzeitig wünscht sich Bauherr Samih Sawiris aber auch, dass die Gouna Festival Plaza ein intimer und einladender Ort für Hochzeiten oder festliche Anlässe wird. In Zukunft sollen diese Flächen jedenfalls noch weiter zu einem großen Konferenz- und Kulturzentrum ausgebaut werden. Zwischen den jeweiligen Veranstaltungen wird die Plaza allerdings stets als öffentlicher Platz genutzt werden, sagen die Architekten.
Kultureller Aspekt sollte markiert werden
„Die Idee war es, El Gouna einen kulturellen Ort zu geben, der die Stadt in einer starken urbanen Geste vereint. Einen fesselnden kulturellen Ort, der ihr einen neuen Schwerpunkt verleiht“, heißt es weiter. Seilern führt zudem aus: „Unser Kunde wollte El Gouna auf der Landkarte einen kulturellen Aspekt verleihen. Wir wurden damit beauftragt, eine architektonische Vision zu entwerfen, die dieses Ziel erreicht.“
Und so konnte man natürlich nicht auf einen Link in die Geschichte des Landes verzichten. Wo würde sonst die Sache mit der Kultur ihren philosophischen Unterbau finden? Also: Die Verwendung der Bögen, die alle Säulen miteinander verbinden, sind ein Zitat aus der Zeit der einst hier lebenden Mauren. Diese hätten schließlich derartige Bogenkonstruktionen erfunden.
Das Beste aber kommt zum Schluss: Selbst, wenn die Gouna Festival Plaza irgendwie zu sehr gewollt an das Ufer des Roten Meeres gepflanzt wird, muss man sagen: Das Teil sieht schon imposant aus. Trotz seiner Größe erschlägt es die Umgebung nicht und man verspürt durchaus Lust, durch die Säulengänge zu wandeln.
Wer also im Sommer noch nach einer Urlaubsdestination sucht: Hier geht’s nach El Gouna. Samih Sawiris wird aber so oder so leicht lachen haben ...
Text: Johannes Stühlinger Bilder: Panoptikon
Lesen Sie weiter im UBM Magazin, der Plattform für Immobilienwirtschaft, Stadtplanung und Design.
Kommentare